Der Duft der Frauen (1992)

Also ich kann mich meinen Vorredner absolut nicht anschließen! Im allgemeinen sammle ich vorwiegend aus einer vollkommen anderen Kategorie, nämlich Horror und Splatter - das unterscheidet sich von solch einem Film wie Feuer von Wasser. Und dennoch konnte ich an diesem großartigen Meisterwerk nicht vorbei: bei einem Drama sollte man keine großen Actionfeuerwerke oder Lacher am Fließband erwarten, mit dieser Einstellung kann dieser Film nicht funktionieren! Tiefsinn kann bisweilen auch mal langatmig wirken, ist aber oft Stilmittel zum Zweck, ein Drama soll Gefühle wecken und fordert auch mal den Verstand und das braucht eben leider auch Zeit.

Hier ausschließlich den Oscar für Pacino auf den "Behindertenbonus" zu schieben ist blanker Unsinn und zeugt für mich von Unreife und wenig cineastischen Sachverstand. Viele Schauspiele haben in ihrer Karriere einen Blinden gespielt und keinen Oscar dafür bekommen - zu Recht wie ich meine, denn dies ist sicher schwieriger als andere Behinderungen zu spielen und misslingt doch allzuhäufig aufgrund fehlender Ausdrucksstärke. Al Pacino hat hier ganz sicher eine seiner großartigsten Leistungen vollbracht - überzeugend und mit unglaublicher Ausstrahlung. Der Film gesamt sprüht vor Charme, die Schauspieler sind allesamt gut besetzt und die Geschichte hat eine durchweg schlüssige Handlung. Die gelegentlichen Lacher oder Schmunzler runden die ansonsten doch sehr ernste Geschichte ab und machen den Film wirklich zu einem absoluten Highlight in der Kategorie Drama.

Wohlbemerkt nicht zu vergleichen mit Actionfilmen aus Hollywood die auf andere Art unterhalten wollen - hier wird kein Genre-Mix als Popcorn-Unterhaltung serviert sondern gradliniger, anspruchsvoller und dramaturgisch einwandfreier Stoff. Die Beziehung der Hauptperson zu seiner Familie, seiner Vergangenheit und dem 2. Hauptdarsteller, der neu in sein Leben tritt, wird eindrucksvoll ausgeleuchtet ohne dabei plump zu wirken. Der Charakter ist glaubwürdig und scheint aus dem Leben gegriffen, so kann man sich im Laufe des Films in ihn hineinversetzen und mit ihm leiden und gleichermaßen die schönen Dingen geniessen sowie sich an dem etwas boshaften Humor bis zum furiosen Schluss erfreuen. 10/10 von mir!