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Der ehemalige Colonel Frank Slade (Al Pacino) ist seit einem Unfall mit Handgranaten blind und hat sich zu einem erbitterten Menschenfeind entwickelt. Deshalb wollen seine Verwandten ihn auch nicht zum Thanksgiving-Auflug mitnehmen, sondern bitten den Studenten Charlie Simms (Chris O'Donnell), auf ihn aufzupassen. Kein leichte Aufgabe, denn Frank hat sich fest vorgenommen, noch einmal nach New York zu fahren und sich dort eine Kugel durch den Kopf zu jagen. Mit Charlie im Schlepptau macht er sich auf den Weg...

Dass Pacino One-Man-Shows abziehen kann wie kein anderer, ist bekannt. So kann er in "Der Duft der Frauen" triumphieren wie selten zuvor, in einer Rolle, die wie auf ihn zugeschnitten scheint. Dieser vom Leben angekotzte, versoffene Ex-Colonel bekommt durch Pacino eine unglaubliche Tiefe und wandelt sich dank seines Begleiters Simms vom Arschloch zur Sympathiefigur.
Chris O'Donnell wirkt gegen Pacino selbstverständlich wie ein Grünschnabel und kann ihm in einer Million Jahren nicht das Wasser reichen, allerdings ist seine Hilflosigkeit gegenüber dem blinden Slade so beabsichtigt, um dessen unerbittliche Zielstrebigkeit zu verdeutlichen.

Es ist eine wahre Freude, die beiden ungleichen Typen auf ihrem Trip durch New York zu beobachten, dabei stets die eigentliche Reisabsicht Slades und den Subplot vom Anfang im Hinterkopf, bei dem ein ganz junger und da schon überzeugender Philip Seymour Hoffmann die Schlüsselfigur ist.

Durch Pacinos ganz eigenwillige Interpretation der Rolle kommt es so zu einigen unvergesslichen Szenen, man denke nur an den Tango mit der bezaubernden Gabrielle Anwar oder an die vielen zynischen Bemerkungen und derben Beleidigungen. Am Ende jedoch ist er freundlich gesinnt, was einen fast zu Tränen rührt, allerdings die Frage aufwirft, ob man seinen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn derart kitschig zeigen soll. Die einberufene Versammlung an der Universität, die über Simms Zukunft entscheiden wird, lenkt Slade mit einem Monolog, den man fast "typisch amerikanisch" nennen will, in die entscheidende Richtung. Immerhin blitzt etwas Ironie durch, als Slade bemerkt: "War ich sentimenal genug?"

Ziemlich schade trotzdem, dass diesen außergewöhnlich tiefgreifenden Film ein viel zu kitschiger Schluss beendet, ganz nach dem Motto "Alles wird gut!". Davor ist diese Tragikomödie im Road-Movie-Stil eine klare Empfehlung wert, für Pacino-Fans sowieso Pflicht, zumal er für diese Rolle den längst überfälligen Oscar erhielt.

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