Finnischer Trockeneishumor
Weiter geht’s mit meiner Reise durch Kaurismäkis wilde Welt: „Ariel“ zählt gemeinhin zu einem seiner wichtigsten und besten Filme und erzählt von einem Bergarbeiter, der, nachdem sein Bergwerk gesprengt wurde und sein Vater sich daraufhin trocken-hoffnungslos erschossen hat, in der großen Stadt Helsinki nach Job, Liebe und einem Neuanfang sucht…
Kaurismäki entwickelt sich langsam zu einem meiner Lieblinge… und „Ariel“ ist ein perfektes Beispiel warum. Neorealismus trifft auf trockensten Humor. Eis trifft auf zwischenmenschliche Empathie. Helsinki trifft auf das finnische Hinterland. Arbeiterklasse am Abgrund. Gesprächskarg. Show don't tell. Feel don't think. Ein echter Außenseiterfilm der sympathischsten Sorte. Noch einer von Kaurismäkis am ehesten seinem Jahrzehnt zuzuordnenden Filmen. Ein toller Einblick in das Helsinki der späten 80er. Dazu (wie fast immer bei Kaurismäki) erstaunlich kompakt, kurz und kurzweilig. Auf den Punkt. Ohne Ausschweife oder Exzesse. Anti-rhythmisch. Kauzig. Fröstelnd. Und doch voller Herz für Figuren, Publikum (!), Sprüche, Klasse und Ort. Verzweiflung und Hoffnung. Historie und Zukunft. Mode und Starkbier. Liebenswerte Tollpatschigkeit. Erstrebenswerte Alltäglichkeit. Beiläufiges Genie. Protestierendes Proletariat. Resignierendes Betongrau. Melancholische Blicke. Lederjacken und hochgestellte Kragen. Klares Beispiel für Tarantino und seine „Reservoir Dogs“ und „Pulp Fiction“. Am nächsten aber noch zu sowas wie Jarmusch. Und dennoch sein ganz eigener Bereich. Sehr, sehr, sehr angenehmer Winterfilm. Wenn auch meiner Meinung nach noch nicht Kaurismäkis unumstößliches, allumfassendes Meisterwerk oder „Epos“… aber ob's das überhaupt gibt? Oder ist sein Oeuvre dazu zu homogen und gut?!
Fazit: schwärzester Humor, kuriosester Finnenrealismus, viel Schnee, Kälte, Fehltritte und dennoch menschliche Wärme… „Ariel“ ist eine offbeat Wohltat. Das macht glücklich.