Review

Ein bißchen freundliches Adrenalinkino darf und muß auch mal sein, da kam „8 Blinkwinkel“ gerade recht, eine recht geschickt montierte Angelegenheit aus Action- , Paranoia- und Thrillerkino.
In acht verschiedenen Episoden wird aus unterschiedlichen Blickwinkeln ein Ereignis betrachtet und ein Schelm, wer da nicht sofort „Rashomon“ schreit.

Allerdings ist hier lediglich der Zuschauer in der Lage, eine veränderte Sicht der Dinge wirklich wahrzunehmen, denn an sich wird hier einfach ein und dieselbe Geschichte erzählt, nämlich das Attentat auf den US-Präsidenten während einer Anti-Terror-Tournee im spanischen Salamanca. Erst wird auf ihn geschossen, dann explodiert eine Bombe und was dahinter steckt, enthüllt der Rest vom Film.
Es gibt also nicht mehrere Sichtweisen des Geschehens, sondern die unterschiedlichen Teilnehmer nehmen schlicht und ergreifend erst einmal nur einen begrenzten Teil des Geschehens wahr – und dann ist da natürlich noch das Drehbuch, daß im entscheidenden Moment enthüllende rote Heringe in jedes Episödchen steckt, daß dann früher oder später wieder aufgegriffen wird, wenn der nächste Protagonist an der Reihe ist, mit der Kamera verfolgt zu werden.

Damit entpuppt sich „Vantage Point“ als rein funktionell aufgebautes, wenn auch geschickt montiertes Actionkino, denn die Episoden beschränken sich nicht rein auf einen Standort, sondern beziehen auch die Umgebung des Attentats, seine Vor- und Nachbereitung und die Folgen mit ein.

Folglich dient die erste Episode auch erstmal nur der Feststellung der Tatsachen, gesehen durch die Augen des anwesenden CNN-Kamerateams (mit einem Cameo von Sigourney Weaver), ehe man zu den Personenschützern, Touristen, Terroristen, erpressten Killern und dem Präsi selbst übergeht. Häppchenweise bekommt man Informationen, es ist jedoch extrem lobenswert, daß bei allem angeschlagenen Tempo (und das ist recht hoch, ohne in der ersten Stunde hektisch zu werden) der Zuschauer nicht zu kurz mit Informationen gehalten wird, sondern der Anschlag sich als ein recht vielseitiges Kaleidoskop von Terror, Verrat und politischen Machenschaften entpuppt, in dem auch mal dezent Kritik an den bestehenden politischen Verhältnissen geübt werden darf.
So schickt die US-Regierung gern mal Doubles und hinter den Angreifern stehen ausnahmsweise mal nicht nur blanke Islamisten, sondern eine Gruppe, die nicht so leicht zu orten ist.

Die Verpackung als stete Wundertüte funktioniert prima, da jede Szenerie meistens noch eine zweite oder dritte Ebene hat, womit man ständig etwas Neues entdecken kann und selbst wenn man einige Elemente erahnt, so sind doch noch genug Überraschungen vorhanden. Das ist auch nötig, denn das Attentat selbst erinnert dann doch leicht an eine Ausleihe aus „In the Line of Fire“ und „Der Schakal“, aber letztendlich ist das dann doch nicht so wichtig. Stattdessen will man einfach nur Drive und Thrills produzieren, die in der Komprimation wiederum an Lektionen aus der TV-Serie „24“ gemahnen: Nahaufnahmen, Handkamera, verschiedene Arten der Aufnahme, die stets zurücklaufende Uhr, der Zeitdruck, die Parallelitäten.

Aus dem Ruder läuft der Film erst im allerletzten Viertel, als man das Gefühl hat, die Episodenstruktur würde aus dem Nichts heraus aufgehoben und alles endlich auf Überschaubarkeit komprimiert. Leider ist genau das Setting dann so komprimiert, daß es mehr als unwahrscheinlich erscheint. Eine schier endlose Autoverfolgungsjagd durch die City führt schließlich alle Hauptfiguren mehr oder minder zentral an Punkte, die, praktisch für einen gebündelten Showdown, kaum 100m auseinander liegen. So findet der Film zwar eine Auflösung, jedoch hat man nach all den Doppel- und Triplebödigkeiten das Gefühl, das HappyEnd wäre eine Konzession an langweilige Spielfilmbanalität. Ein etwas kritischerer Blick auf die realitstischen Hintergründe als das abschließende Verschleiern der Verschwörung auf einen Einzeltäter (Mr.Oswald, bitte in die Lobby!) hätte den interessierten Zuschauer dann doch gefreut.

Dennoch: bei gerade 96 Minuten (90 netto) bringt „8 Blickwinkel“ erfreulich viel Kurzweil, weil vor allem Leute wie Dennis Quaid, William Hurt und Forest Whitaker in Höchstform spielen und der Film einen durch die viele Abwechslung einer einzigen Situation praktisch rundum unterhält. Hat man sich die Auflöung jedoch am Ende erst einmal erarbeitet, bleibt für spätere Sichtungen jedoch nur technischer und erzählerischer Schnickschnack – ans Herz wachsen kann hier keine Figur und richtige Tiefe ist nur begrenzt möglich. 8 Punkte für die Erstsichtung, 6 für später, das macht 7/10.

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