28 Weeks Later möchte mit neuem Regisseur in die Fußstapfen seines Vorgängers treten, der (Danny Boyle sei dank) bewusst provokativ zwischen den Stühlen sitzt, weder Horror- noch Dramafreunde ganz befriedigt und zwar deshalb nicht gerade unumstritten ist, aber sich auch gerade deswegen als ein erfrischend andersartiger Vertreter des durchgekauten Zombiegenres präsentiert (zumal es ja auch um Infizierte geht...) und nebenbei auch noch ein veritabler Kinoerfolg war.
Das Budget also aufgestockt und nix wie los in die zweite Runde. Doch halt, was waren die Tugenden des Vorgängers, die es zu wahren gilt, und was ist zu verbessern? Schließlich wäre der größte Fehler, einfach einen 08/15-Zombieflic zu drehen und damit die Franchise zu schlachten. Wir erinnern uns: Der Wut-Virus infiziert ganz Großbritannien. Nur wenige überleben und müssen sich in bester Survivalhorror-Manier durchschlagen. Dabei legte Danny Boyle vor allem Wert auf den Realismus der Geschichte (selbst die liebsten Familienmitgleider kann es treffen) sowie auf die zwischenmenschlichen Beziehungen. Zu kurz hingegen kam für viele die eigentliche Zombieaction, auch wenn dies wiederum den Realismus unterstrich.
Es gilt also, einen Spagat zwischen Realismus auf der einen und blutiger Horrorunterhaltung auf der anderen Seite zu schlagen. Dies gelingt dem Film zu seinem Beginn auch ganz vorzüglich: Noch zur Zeit des Erstlings angesiedelt, sehen wir, wie sich ein zusammengewürfeltes Grüppchen bei Kerzenschein und Dosenfraß mehr schlecht als recht einbunkert und versucht, möglichst lange zu überleben. Sofort kommt das ganz spezielle Feeling des ersten Teils auf, ein Gefühl von der Ruhe vor dem Sturm. Dieser bricht dann auch sofort los: Gnadenlos wird sich durch die armen Menschen gemetzelt; nur ein Familienvater kann flüchten, seine Frau lässt er aus Feigheit zurück. Realismus: Check.
Nach diesem (bis auf die furchtbare Wackelkamera, die wohl Low-Budget-Atmosphäre erzeugen soll) sehr gelungenen Einstieg drehen wir die Zeit ein wenig vorwärts, 28 Monate, um genau zu sein. Unter Leitung der U.S. Army, Verzeihung, der Nato (die britische Armee ist ja, siehe Teil 1, nicht gerade ungeschoren davongekommen, kann also wenig zur inneren Sicherheit beitragen) wird im Zentrum Londons eine kleine Zone eingerichtet, in der das normale Leben wieder erblüht. Strom, fließend Wasser, genug zu essen - wäre da nicht überall das Militär, könnte man fast meinen, alles sei wieder im Lot. Der Vater ist mittlerweile eine Art Hausmeister der infektfreien Zone und hat seine beiden Kinder, die glücklicherweise auf Klassenfahrt außer Landes waren, zurück. Diese unternehmen (wie es in Horrorfilmen nun mal so ist) verbotenerweise eine spannende Tour in die Geisterstadt London, die von der verlorenen Stimmung her stark an Stephen Kings großartigen Roman The Stand erinnert. Sie besuchen ihr altes Wohnhaus und entdecken dort - Obacht! - ihre totgeglaubte Mutter. Diese ist zwar infiziert (das rote Auge verrät's), allerdings auch immun gegen die Krankheit. Doch dann ist da dieser verhängnisvolle Kuss mit ihrem Ehemann, bei dem sich ihr Speichel mischt.
Was dann beginnt, klingt zunächst wie ein platter Neuaufguss der Geschichte aus Teil 1 (ein buntes Grüppchen flieht vor den Infizierten), ist tatsächlich aber ganz anders - zunächst erfreulich anders. Denn im Gegensatz zum Erstling ist hier das Militär omnipräsent. Das bedeutet Schießereien galore und den Einsatz spektakulärer Waffen wie Gas, Brandbomben und schließlich eines Helikopterrotors. Während zwar vor allem der Einsatz des letzteren äußerst memorabel und bemerkenswert rotfarben vonstatten geht (mehr blutige Action: Check), geht doch das Survivalhorror-Feeling, das Zittern um die ständig um ihre Leben bangenden Überlebenden, ein ganzes Stück verloren. Danny Boyle wusste, warum er auf großartige Actioneinlagen verzichtete, und wieder einmal lernt der Zuschauer, dass es nicht unbedingt gut sein muss, wenn seine Wünsche (Blood & Gore, lechz) in Erfüllung gehen. Denn auch wenn der Einsatz der blutigen Szenen geschickt ausgearbeitet ist und Abwechslung bietet, kommt doch tatsächlich nach einer Weile Langeweile auf, etwas, das beim Vorgänger mit seinem Gefühl der latenten Bedrohung nie passierte.
Die Autoren bemerkten dies scheinbar, sodass der Film plötzlich einen großen Schwenk macht und wieder zum stillen, kalten Horror zurückkehrt. Doch zeigt sich hier ein weiteres Problem von 28 Weeks: Bei all dem propagierten Realismus ist der Plot einfach viel zu konstruiert, als dass man (wie beim ersten Teil) an das Geschehen glauben könnte. Zwar hält die Geschichte einige Überraschungen bereit und bricht mit diversen Horrorkonventionen, enttäuscht aber in letzter Konsequenz und ist manchmal gar fast schmerzhaft unlogisch, da man sich die Messlatte mit dem kompormisslosen, vielversprechenden Beginnn zu hoch setzte. Das Ende hält dann leider auch noch einen cheap thrill als Cliffhanger parat, nur um eine weitere Fortsetzung zu rechtfertigen.
So verliert der zu Beginn grandiose und sogar den Vorgänger fast noch übertrumpfende 28 Weeks Later (wäre da nicht die wacklige Kamera...) mit der Zeit am Realismus und damit an Atmosphäre, sodass es am Ende "nur" noch für knappe 8 Punkte reicht, da der Film generell auf einem hohen Niveau schwächelt. So bleibt ein guter Horrorfilm, der zugunsten des Goreanteils allerdings viel von seiner menschlichen Dramatik verliert und sich somit nicht wie 28 Days Later auf dem Boden zwischen allen Stühlen, sondern sich ohne Umschweife auf dem Horrorstuhl platziert - etwas auf die Kante zwar, aber doch sehr selbstsicher.