Alexandre Bustillo und Julien Maurys "Inside" ist ein Film, der die Meinungen spaltet. Für die einen ist er die logische Konsequenz des sich in Sachen Radikalität und Brachialität immer weiter steigernden französischen Horrorkinos der letzten Jahre, für die anderen ist der Streifen kaum mehr als eine uninspirierte Anhäufung von genüsslich zelebrierten Grausamkeiten.
Die dem Film zugrundeliegende Story ist in der Tat nicht der Rede wert und belässt es nach kurzer Einführung beim klassischen "Killer im Haus"-Szenario. Besagtes Haus ist dann auch, abgesehen vom Auftakt, der einzige Schauplatz des extrem dunkel gehaltenen Films (scheinbar war im Haus kein Geld für eine ausreichende Beleuchtung vorhanden - oder der Innenaustatter war unfähig, who knows...).
Wie dem auch sei, das Grundmuster des Films ist somit schnell auf den Punkt gebracht und der brutale Überlebenskampf der mit ihrem Peiniger quasi eingeschlossenen und zu allem Überfluss hochschwangeren Béatrice Dalle darf beginnen. Ander als beispielsweise im Falle von "Unbekannter Anrufer", der, bei ähnlicher chronischer Dunkelheit und den schärferen Vorgaben des US-Mainstreamkinos, klar auf Suspense setzt, setzt "Inside" einen starken Aktzent auf brutalste Gewaltszenen - wobei allerdings sowohl Spannungs- als auch Atmosphärefaktor nicht zu kurz kommen. Auch "Inside" vermag es mit einigen klassischen Schock- und Gruselszenen durchaus, im Anschluss an den Filmkonsum für unruhigen Schlaf zu sorgen. Aufgrund seiner Härte muss man allerdings im Verhältnis zu standardisierten US-Produktionen beinahe schon von Independent-Kino sprechen.
In Erinnnerung bleiben jedenfalls vor allem die fiesen und recht zahlreichen Goreeffekte, bei denen die Kamera keinerlei Rücksicht kennt und - im übertragenen Sinne - praktisch bis zum letzten Blutstropfen draufhält. Dass es der Film nicht ungeschoren durch die deutschen Zensurinstanzen schaffte, verwundert folglich keineswegs. Insbesondere der "letzte Akt" der morbiden Handlung dürfte hierfür ausschlaggebend gewesen sein und muss sich in der Tat die Frage gefallen lassen, ob so etwas denn überhaupt gezeigt werden muss. Wo ist die Grenzen zwischen vertretbarer filmischer Gewalt und voyeuristischer Perversion zu ziehen, zumal wenn mittlerweile nicht einmal vor einer Schwangerschaft halt gemacht wird? "Inside" bewegt sich hier auf einem äußerst schmalen, fragwürdigen Grat und ist in Deutschland ein klarer §131-Kandidat.
Technisch wie schauspielerisch lässt sich das blutig-schaurige Treiben aus Frankreich jedenfalls nichts zu schulden kommen. Die düsteren, auf jeglichen Schnickschnack verzichtenden Bilder sorgen für eine beklemmende Atmosphäre und mit Béatrice Dalle hat man darüberhinaus eine erstklassige Darstellerin gefunden. Doch auch die Auswahl des Psychopathen erweist sich als gelungen.
Fazit: Einen Innovationspreis gewinnt "Inside" nur für seinen Gewaltgrat. Der Rest ist, abgesehen vom unerwarteten Ende, extrem rohe Standartkost für Hartgesottene. Auf Logik sollte man bei einem solchen Film ohnehin nicht achten. Wer jedoch auch gern mal neue Limits in Sachen Grausamkeit austesten will, der bekommt mit "Inside" hervorragende, aber durchaus fragwürdige Horrorunterhaltung, die auch in Sachen Spannung, Atmosphäre und Inszenierung locker punkten kann.