Review

Kurzweilig, hart und blutig. So lieben wir das französische Horrorkino, das nicht als Neuerfindung oder gar als Retter des Horrorgenres gesehen werden darf. Dazu bietet es zu wenig. Was es aber bietet ist superb: es unterhält - und das ohne inhaltlich zu überzeugen.

Auch "Inside" hat kaum eine Geschichte: Zwei schwangere Frauen "treffen" bei einem Autounfall aufeinander. Die eine verliert dabei ihr Kind, die andere den Vater ihres Kindes. Und die ohne Kind möchte der mit Kind das Kind wegnehmen. Klingt irgendwie flach, ähnlich flach wie  "High Tension". Beiden Filmen ist aber auch etwas anderes gemein: die sensationelle Inszenierung. Beide Filme beschränken sich auf nur wenige Sets, besonders "Inside", der im Grunde nur in einem kleinen Haus spielt, abgesehen vom Beginn, der die Figuren außerhalb des Hauses situiert, um sie dann alle, aber auch wirklich alle, in dem Haus sterben zu lassen.

Alles scheint sich in diesem Film in immer kleinere Räume zu verlagern: Von außen ins Krankenhaus, von dort aus ins Wohnhaus, das dadruch kleiner wird, dass die Killerin immer mehr Räume unter ihre Kontrolle bringt und dem Opfer nichts anderes übrig bleibt, als sich im Badezimmer zu verschanzen. Dadurch erhält der Film seine klaustrophopbische, ausweglose Atmospähre.

Auch "Inside" versteht es, mit Tempowechsel zu unterhalten. Mal geht es einfach nur rund, Gewalt macht sich frei, manchmal hat aber auch die Killerin Zeit, ihre Trauer, ihren Schmerz und die daraus resultiernde Wut zu zeigen. Und das verdankt der Film nicht dem Script, sondern seiner Hauptdarstellerin Beatrice Dalle. Schon in "Betty Blue" zeigte sie ihr außergewöhnliches Talent "verrückte" Menschen zu spielen. In "Betty Blue" richtete sich die Gewalt der Hauptfigur noch gegen sich selbst, in "Inside" müssen andere bluten - oder doch nicht nur? Denn das Ende scheint konsequent, denn aus diesem Inferno kommt auch kein noch so teuflischer Killer mit ungeschorenen Haaren heraus.

Das Geheimnis des französischen Horrorkinos scheint das Spartanische zu sein: Wenige Sets, wenige Figuren, wenig Geschichte. ABER: So macht man auch wenig Fehler. Die Franzosen fokussieren sich auf das Wesentliche: Sie machen unterhaltsame, schnelle und rohe Horrorfilme, die sich durch eine exellente filmische Umsetzung (und wir reden hier nicht über einen Orson-Welles-Klassiker) auszeichnen. Kamera, Schnitt, Setdesign, Licht und Sound passen perfekt zusammen.

In "Frontiers" klappte das schon nicht mehr so gut: Der Nazionkel passte vielleicht noch in die französische Pampa, aber das Innendesign des Hotels und die Familie erinnerten an einen Rob-Zombie-Backwood-Slasher. Zwar hat "Frontiers" gute Momente, reicht aber auch wegen seiner Länge nicht an das kompromisslos schnelle Kino à la "À L'interieur oder "Haute Tension" heran.

Da ich "Martyrs" noch nicht gesehen habe, halte ich "Inside" für den ausgereiftesten Vertreter des französischen Horrokinos. Nicht zuletzt, wegen der hervorragenden Beatrice Dalle.

Fazit:
Kleines, dreckiges Kino auf hohem Niveau. Der Film ist, was er ist, ein kurzer Horrofilm der schnellsten Gangart. Als solcher verdient er die Höchstpunktzahl.

10/10

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