Review

  „Meine böse Freundin“ - doch welche Freundin ist die Böse ?
Das blonde Unschuldslamm, schlechte Schülerin, todessüchtig, das sich als Opfer anbietet? Die immer wieder Leute mit dem Auto anfahren will? Die alles hat: Geld, Eltern, süßen Freund? Ist das nicht alles böse?

Oder die dunkle Femme Fatale mit dem dämonischen Blick, den unheilvollen Verführungskünsten, die süchtig macht, von toten/sterbenden Eltern und einer patenten Schwester gepeinigt wird, massiv raucht? Böse?

Beide haben keine Freunde, Vertrauen ist ein Fremdwort, jedem Dialog unterliegt Aggression. Und doch wirken sie auf den ersten Blick nahezu kompatibel mit der Welt. Einer Welt der Pflegeheime, der Fremdgänge, der Unzucht mit Abhängigen, des Notendrucks und des KFZ-Individualverkehrs. Einer kalten, „bösen“ Welt.

Aber in Maris Pfeiffers Film ist nicht alles so, wie es scheint. Selbst von der bösen Welt trennen sie Abgründe. Die heile Familie ist dann doch kaputt – das zeichnet viele deutsche Fernsehspiele aus. Doch MEINE BÖSE FREUNDIN bleibt kühl, rätselhaft, bedrohlich – wie ihre eine Hauptfigur, die „Freundin“ Isa. Doch die andere Hauptfigur, ihre „Freundin“ Ellen bleibt nicht lange schwach, ist kaum „Opfer“ zu nennen: Ihre Intensität, ihr Wagemut, ihre Bedingungslosigkeit stehen Isas Launen, Manipulationen und Lebenwollen nicht nach. Der Film und die zwei großartigen Schauspielerinnen schaffen es, ihr Verhältnis in der Schwebe zu lassen, im Ungewissen. Spannend bis zu ihrem letzten Blickwechsel: Auch dessen Bedeutung bleibt in der Schwebe; zuviel Schuld, angetane Verletzungen und grandiose, unvergleichliche Freundschaft hängen immer noch in der Luft; und dann schiebt sich die Krankenwagentür dazwischen.

Zum Abspann singen „Vanilla Fudge“ (ich hoffe, sie sind's) „She's not there“: „ ... noone told me about her...“
… jetzt, nach dem Film, wissen wir mehr.

Übrigens, wer immer alles schön ausgewogen will: Nicht hier. Die mehr oder weniger „Erwachsenen“ bleiben bloße Staffage, Hintergrund: Sie sind richtige Simpel, einfach gestrickt und praktisch veranlagt, so krank und blaß wie die vor sich hin sterbende Mutter. Und das ist keine Schwäche des Films, sondern erst so gewinnen Isa und Ellen erst richtig die Größe griechischer Tragödinnen. Zu groß für unsere Welt, unsere BRD 2007. „Penthesilea“ und „Iphigenie auf Tauris“ lassen grüßen.

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