Nach einer wahren Begebenheit: Nach dem Abschluss seines Studiums beschließt der begabte Jugendliche Christopher McCandless, gespielt von Emile Hirsch, seine gesamten Ersparnisse und sein gesamtes Leben aufzugeben, um einen längeren Abenteuertrip nach Alaska zu unternehmen. Auf seiner Reise begegnet er mehreren Menschen, die ihn in ihr Herz schließen, bis er schließlich in der Einöde von Alaska sein persönliches Glück jenseits der Gesellschaft und der Zivilisation findet.
Sean Penn ist schon immer aus der Reihe der, ständig lächelnder und andauernd in Mainstream-Produktionen agierender Hollywood-Größen getanzt und hat schon immer Filme weit jenseits der Stereotypen Hollywoods in die Kinos gebracht. Ob als Darsteller in "Dead Man Walking", mit dem er ein bewegendes Plädoyer gegen die Todesstrafe lieferte, in "21 Gramm" oder in "Das Spiel der Macht", Penn hat einen gewissen Anspruch an Rollen und Filme, weswegen sich die meisten seiner Werke deutlich vom Mainstream-Kino abheben. Nach seinem Regiedebüt mit "Indian Runner" und seiner wirklich beachtlichen Arbeit bei "Das Versprechen", liefert Penn diesmal wieder ein einzigartiges Werk, das sich deutlich von den typischen Handlungsbahnen Hollywoods abhebt.
Penn inszeniert den Film, als wenn er nie etwas anderes gemacht hätte und leistet sich kaum Fehler. So erzielt Penn einen sehr hohen Schauwert, da er die Schönheiten Amerikas, vom Grand Canyon, über Flora und Fauna diverser Gebiete bis hin zum ewigen Eis in den weiten Landschaften von Alaska, hervorragend in Szene setzt. Es gibt kaum eine Sequenz, in der die Natur nicht beeindruckend dargestellt wäre. Hinzu kommen noch die hervorragenden Darsteller, der virtuose Schnitt und sehenswerte Zeitlupen, die den Film allein schon wegen des Schauwerts sehenswert machen. Die Filmmusik von Eddie Vedders, einst bei Pearl Jam, passt ziemlich gut in den Film und kann die Landschaftsaufnahmen passend unterlegen, wobei Penn stellenweise besser gänzlich auf Musik verzichtet hätte, da der gesamte Film eine gewisse Ruhe ausstrahlt und die malerischen Bilder eigentlich für sich sprechen.
Autor Jon Krakauer, der ähnliche Extremsituationen wie seine Hauptfigur bei seiner Besteigung des Mount Everest erlebte, lies sich bereits von dem Schicksal von Christopher McCandless inspirieren und schrieb den Roman, den Sean Penn wiederum zum Drehbuch umschrieb. Penn merkt man auch bei der Story seine Faszination an der Figur des Christopher McCandless an. Die Charakterkonstruktion ist unglaublich vielschichtig geworden und sämtliche Beweggründe von McCandless werden aus seiner eigenen Perspektive und aus der Perspektive seiner Schwester und Personen, die ihm auf seiner Reise begegneten geschildert. Auch wenn bei den Monologen der Hauptfigur dabei die eine oder andere, nervige Weisheit kommt, die man täglich in diversen Kalendern lesen kann, kann man als Zuschauer in der Figur wie in einem Buch lesen und wird damit sehr nah an dem Schicksal des sympathischen Abenteurers beteiligt. Aber auch bei seinen Nebenfiguren leistet Penn überragende Arbeit und zeigt einen hervorragenden, tief greifenden und gefühlsbetonten Blick auf die verschiedensten Personen und auf deren Gefühle, Nöte und Lebensgeschichten. So baut Penn konstant Dramatik auf, ohne auch nur im Ansatz Kitsch oder Ähnliches aufkommen zu lassen.
Diese Konsequenz und Penns Faszination an McCandless spürt man nicht nur bei der vielschichtigen Handlung, sondern auch bei der hervorragenden Inszenierung. Penn lässt sich von Anfang an alle Zeit, die nötig ist, um seiner Figur genügend Tiefe zu verschaffen und setzt dieses wohltuend ruhige und langsame Tempo konsequent bis zum Ende fort, ohne auch nur einen Ansatz von erzählerischer Ungeduld aufkommen zu lassen. Auch wenn er einen dramaturgisch etwas ungeschickten Erzählstil wählt und die Geschichte parallel in der Vergangenheit und der Gegenwart erzählt kann Penn Dramatik und Spannung gleichermaßen aufbauen und konstant steigern, bis er schließlich beides im Finale virtuos entlädt. Penns Inszenierung ist bis auf ein paar kleinere Fehler nahezu makellos, man wird nun sehen müssen, ob Penn, der ja nicht mal 50 Jahre alt ist, einen ähnlich fulminanten Weg wie beispielsweise Clint Eastwood als Darsteller und Regisseur gehen wird, denn das Potential ist vorhanden.
An einem altbekannten Hollywoodstar wäre die Hauptrolle des Christopher McCandless vermutlich zerbrochen und deshalb erweist sich der eher unbekannte Emile Hirsch, der zuvor mit "The Girl Next Door" und "Alpha Dog" in Erscheinung treten konnte gleich in zweierlei Hinsicht als Glücksgriff. Hirsch liefert die beste Leistung seiner Kariere ab und spielt die vielschichtig konstruierte Hauptfigur relativ eindringlich und zieht die Sympathie des Zuschauers von Anfang bis Ende auf sich. Stellenweise leistet sich der unerfahrene Darsteller ein paar kleinere Fehler und wirkt neben den überragenden Nebendarstellern teilweise ein bisschen blass, dafür ist aber vor allem seine One-Man-Show in der Einöde Alaskas sehenswert. Der restliche Cast ist gespickt mit brillianten Darstellern, von Oscar-Preisträger William Hurt, der mal wieder eine eher unsympathische und aalglatte Rolle spielen darf, über Catherine Keener, die als Hippie überzeugen kann, Vince Vaughn, der als Landwirt eine sehr gute Figur macht, bis hin zum Oscar-Nominierten Hal Holbrook, der eine wirklich bewegende Darstellung auf die Leinwand bekommt, die den darstellerischen Höhepunkt des Films darstellt.
Fazit:
Sean Penns Inszenierung, die mit einem extrem hohen Schauwert, einem ruhigen Erzähltempo und einem hohen Unterhaltungswert voll und ganz überzeugen kann, ist über jeden Zweifel erhaben und auch beim Drehbuch leistet Penn überragende Arbeit und erreicht eine enorm tiefe Charakterkonstruktion und liefert so einen der besten Filme der letzten Jahre, der eine gelungene Abwechslung zu den, sich häufenden Mainstream-Produktionen darstellt und auf jeden Fall zu empfehlen ist, zumal auch der Cast überzeugen kann.
95%