Mit „Virtuosity“ liefert Cyberspace-Fanatiker Brett Leonard („Der Rasenmähermann“) einen Shoot-Out-Kracher ohne viel Hintergründigkeit, aber mit reichlich Tempo ab.
Zu Anfang steht eine Jagd durch die Virtual Reality bei der Parker Barnes (Denzel Washington) und sein Partner gegen den virtuellen Schwerverbrecher Sid 6.7 (Russell Crowe) antreten, der als Trainingsprogramm für Polizisten erprobt wird. Nach einigem Kugelhagel endet das Training, aber der Zuschauer hat angesichts der Schießerei schon mal Blut geleckt.
Parker ist ein Ex-Cop, der nach dem Tod seiner Familie ausrastete, versehentlich zwei Reporter erschoss und im Knast landete. Nachdem er als Versuchskaninchen dienen durfte, geht’s auch gleich dorthin zurück, wo er erst mal einem White Power Häftling ordentlich den Scheitel zurechtklopfen muss, um sich zu behaupten. Tja, das Tempo „Virtuosity“ ist verdammt hoch und dem Zuschauer wird kaum Zeit zum Verschnaufen gegönnt.
Doch nachdem Sid 6.7 im Training immer psychopathischer agiert, soll er abgeschaltet werden. Mit Hilfe seines Programmierers gelingt ihm der Sprung in die reale Welt – als Glasfaser-Android. Hier mordet er sich munter durch das L.A. der Zukunft. Parker Barnes wird aus dem Knast entlassen, denn er ist der einzige, der den Glaspsycho aufhalten kann.
Ganz klar: „Virtuosity“ ist kein Film, der den Sonderpreis für besonderen intellektuellen Anspruch erhält. So sind einige Logiklücken doch recht leicht erkennbar; vor allem eine Frage bleibt offen: Wieso hilft Sids Programmierer ihm? Die Motivation, die immerhin den ganzen Film in Gang setzt, wird nie ganz klar, so dass man nur vermuten kann, dass es aus der Angst eines Schöpfers um seine Kreatur geschieht.
Auch der restliche Plot gewinnt keinen Blumentopf für besondere Finesse: Parker jagt Sid, der sich zum einen medienwirksam vermarkten will, zum anderen allerdings das „Spiel“ gegen Parker schätzt. Im großen und ganzen verbindet diese Hatz die Shoot-Outs des Film miteinander und die Spannung kann auch nur als solide bezeichnet werden, aber es funktioniert und unterhält wunderbar.
Zentrales Stück von „Virtuosity“ sind die Schießereien und die sind auch ansprechend für den Genrefan. Die Shoot-Outs sind gut choreographiert und bieten einen immensen Kugelhagel, auch wenn Brett Leonard natürlich kein John Woo oder Michael Bay ist. Hinzu kommen noch ein paar Nahkämpfe (ganz nett) und einige Verfolgungsjagden (recht spektakulär), aber der Fokus liegt klar auf den Shoot-Outs.
Besonderen Reiz bezieht „Virtuosity“ aus der Figur des Sid 6.7 und Crowes Darstellung desselben. Vor allem sein Auftritt in dem Shopping-Center, der die Anfangsszene von „Nur Samstag Nacht“ parodiert, zeigt den sichtlichen Spaß, den Russell Crowe an dieser Rolle gehabt haben muss. Entsprechend hämisch verkörpert er den Sadisten mit dem fiesen Grinsen und der immer perfekten Frisur.
So bleibt auch Denzel Washington in der Rolle des Jägers „nur“ gut, denn er gibt zwar einen brauchbaren Helden ab und stellt auch Parkers Gefühle (z.B. Verlust seiner Familie) überzeugend dar, aber neben Crowe fehlt ihm etwas der Elan. Die anderen Darsteller können sich auch sehen lassen ohne Oscarwürdig zu agieren; in einer etwas größeren Rolle ist mal wieder William Forsythe („The Rock“, „Stone Cold“) zu sehen.
Mit „Virtuosity“ bekommt man einen temporeichen Shoot-Out-Kracher serviert, also zurücklehnen, genießen und keine intellektuellen Fragen über den Plot stellen.