John Irvins Adaption der Legende um den englischen Volkshelden "Robin Hood- Ein Leben für Richard Löwenherz" kann im direkten Vergleich gegenüber Kevin Reynolds "Robin Hood - König der Diebe" aus dem gleichen
Produktionsjahr doch substantiell betrachtet wesentlich besser abschneiden.
So entstand unter Reynolds Regie ein poppiges, buntes, zugleich jedoch auch seichtes und kitschiges Mainstream-Blockbuster-Movie, dem inhaltlich scheinbar kein Klischee zu abgedroschen schien, um es nicht schnöderweise der berechenbaren Emotionalität eines Massenpublikums zum Fraß vorzuwerfen; ferner mit der Beteiligung von "wer-war-denn-da-der-Superstar?" Kevin Costner, weiland jedoch noch auf dem Höhenflug seiner Karriere, sich das Gesamtwerk ohnehin einer der vermutlich schmalzigsten aller jemals dagewesenen Inszenierungen einer einzelnen Person unterordnen musste - inklusive (mittelalterlich) höchst (un-)passender, aber absolut charttauglicher E-Gitarrendudelei von Mr Bryan Adams. Selbst Mel Gibsons unsäglich pathetische Selbstinszenierung in "Braveheart" mutet dagegen fast bescheiden an.
Dass Reynolds Film an den Kinokassen unvermeidlich punkten mussteund - oh wundersame Synergieeffekte - Bryan Adams sogar das Versprechen seines Albumtitels "Waking up the neighbours" trotz schwerster Kuschelrockschlagseite, aber dank phänomenaler Verkaufszahlen einhalten konnte - ist ergo kaum verwunderlich: allzeits zuverlässiger Tränendrüse sei Dank! Was allerdings auch in Kombination mit vermeintlich
beeindruckenden Schauwerten jedoch noch lange keinen guten Film ausmacht.
So findet man eine bestimmte Auffassung von Witz, schon jeher eine absolut unverzichtbare Komponente der Legende des Rächers von
Sherwood Forest, in Reynolds Film bestenfalls noch in Spurenelementen. Auf intelligenten Humor, scharfzüngige Rededuelle oder inhaltlich treffende Ironie (wofür der Begriff mitunter eigentlich steht) wartet man leider vergebens und muss sich stattdessen mit schnodderigen, verbalen Schenkelklopfern der Güteklasse "kann sich Frau denn nicht mal in Ruhe eine schicke Hinrichtung ansehen?" abfinden. Auch die Tobsuchtsanfälle des Sheriffs, der bei Reynolds eigentlich als pseudo-cooler Bösewicht angelegt ist, erzeugen Redundanz und lassen den Schurken wie eine kalauernde Schießbudenfigur rüberkommen, wenn der Held ihm mal wieder einen Streich gespielt hat. Auch die gelegentlich eingestreuten Neckereien zwischen Christ und Muslim mögen im Sinne von comic relief ihre Funktion erfüllen, facettenreicher werden die Rollen jedoch auch hierdurch nicht.
Weniger reisserisch, aber ungleich mitreissender sind dagegen die Dialoge in Irvins Inszenierung, die nicht selten mit feinen Spitzen daherkommen, im Wortlaut und nicht selten auch im Subtext mal satirisch beissenden Spott verteilen oder bisweilen sogar unerhört erotische Anspielungen enthalten (etwa wenn Robin und Marian sich einen pointierten verbalen Schlagabtausch übers Auspeitschen liefern). Als so geistreich ist man der Legende eigentlich eingedenk und so möchte man sie eigentlich auch gerne in Erinnerung behalten.
Reynolds Film räubert ungeniert in allen möglichen Schubladen nach oberflächlich verwertbaren Reizen und wirft diese als (zumeist rein optische) Geschmacksverstärker einfach in einen Topf, ohne dabei auf Kohärenz oder Glaubwürdigkeit zu achten. Flugs kramt er etwa die wilden, wilden Kelten aus der Mottenkiste - in der gewählten Darstellung als grenzdebile, garstige Waldschrate eigentlich besser in einen postapokalyptischen Endzeitfilm passend - um so ein paar billige, aber spektakuläre visuelle thrills und etwas plakative action einzustreuen.
Der Gipfel der Anspruchlosigkeit ist aber die Darstellung der Hexe als Verbündete des Sheriffs, die ob peinlichster, klischeehafter Symbolik (umgedrehtes Kruzifix, etc.) vielleicht gerade mal noch diesbezüglich völlig Unbedarften einen Schauer über den Rücken jagen dürfte, ansonsten wie eine (unfreiwillige) Parodie in Reinform wirkt.
Irvin stapelt da gottlob um einiges tiefer, seine Helden und Schurken wirken letzlich immer noch menschlich und gewinnen hierdurch an Charisma und Glaubwürdigkeit, ein deutlicher Mangel in Reynolds Inszenierung, den auch aufgesetzte Schauwerte nicht kaschieren können. Egal wie bunt sie schillert, Reynolds Robin Hood Variante ist letztendlich eine seelenlose Seifenblase, die dem Publikum vielleicht nicht das liefert, was es eigentlich nötig hätte, aber immerhin das, was es sich wünscht.
Glaubt man unbestätigten Angaben, hat man bei Irvins Produktion dagegen sogar zum Färben der Gewandung historisch korrekt ganz traditionell auf Pflanzenextrakte zurückgegriffen, um eine optisch vergleichsweise bescheidene, aber umso überzeugendere Authentizität hinzubekommen. Dies
gilt dann auch exemplarisch für den Gesamteindruck der ganzen Produktion.
Schlußendlich ist die Wahl zwischen beiden Filmen vor allen Dingen einmal mehr reine Geschmacksache, da beide Regisseure ihre Vorstellungen handwerklich ordentlich und konsequent realisiert haben. Subjektive Werturteile verraten ja oft mehr über denjenigen der sie äußert, als über die Sache, über die geurteilt wird. Das gilt insbesondere immer wieder auch für Filmkritiken.