Nachdem „Death Proof“ mit seiner rückhaltlosen Pose schon sehr einnehmend gegenüber der „Grindhouse“-Idee war, standen die Zeichen gut, dass auch „Planet Terror“ diesen Weg der selbstbewussten Neuerschaffung einer vergessenen Filmgattung erfolgreich hinter sich bringen würde. Oder, besser gesagt, eigentlich schon hinter sich gebracht haben müsste, denn er war im Rahmen des lediglich auf die US-Kinos beschränkten „Grindhouse-Double-Features“ der Eröffnungsfilm.
Doch so einfach ist die Sache nicht, denn obwohl Rodriguez genauso schnell wie sein Kollege klar stellt, dass hier nicht die Vergangenheit wiederbelebt werden soll, ist die Wahl seiner Mittel dabei bei weitem nicht so gelungen an das Konzept angebunden.
„Planet Terror“ lässt es an allen Ecken und Enden spritzen, bluten, eitern. Große Dinge explodieren, massenweise Munition wird verballert und dumme Sprüche gerissen. Das verfehlt seine Wirkung nicht, weiß vordergründig durchaus zu gefallen. Rodriguez tut all das, was Regisseure sich damals erträumt hätten, aber er tut es auf eine abgeklärte, fast dienstleistende Art, die so gar nicht zum aus reiner Passion geborenen „Grindhouse“-Projekt passen will. Da scheinen Dinge im Film zu sein, weil sie da sein müssen, weil es erwartet wird. Wirklich inspiriert wirkt es nicht.
Gut festzumachen am Look: das Bild erweckt wie schon bei Tarantinos Werk den Eindruck einer beschädigten Filmrolle, kann aber mit seinen Kratzern und Brandlöchern die überaus moderne Inszenierung nicht kaschieren, mit der Rodriguez die Zombie-Apokalypse lostritt. Sein dynamischer, unverkennbar der Gegenwart zugehöriger Stil mit den gelegentlich recht offensichtlichen Computereffekten beißt sich mit dieser gewollten Siebziger-Ummantelung. Mit dem Ergebnis, dass dieser Effekt, der bei „Death Proof“ tatsächlich noch für „Geld zurück!“-Rufe beim unvorbereiteten Publikum sorgte, hier kaum über die Ästhetik eines Werbespots für „Desperados“-Bier oder die Blaufilter eines Len Wiseman hinauswächst. So gerät in diesem Zusammenhang auch die „fehlende“ Filmrolle zum zwiespältigen Vergnügen, da sie uns einerseits hämisch ein Handlungsvakuum hinterlässt, in dem vorgeblich alle wichtigen Charakterisierungen stattfanden (was eine clevere Idee ist, mit den chronisch backgroundschwachen Figuren dieser Art Filme umzugehen), andererseits aber auch durch den vordergründig lustigen Wegfall einer Sexszene einen Dolchstoß ins Herz der gesamten „Grindhouse“-Idee darstellt, die sich ja zuvörderst „uncensored sexuality“ auf die Fahnen geschrieben hatte. Da ging ja Tarantino-Kumpel Roth mit seinen „Hostel“-Filmen forscher zu Werke.
Gerade angesichts von „Planet Terror“ muss nun konstatiert werden, dass das „Grindhouse“-Projekt nicht grundlos beide Filme vereinte. Die gemeinsamen Charaktere, die überleitendenden Witz-Trailer, der flotte Beginn mit dem Zombie-Schlachtfest und das daran anschließende, geradezu entspannende Autospektakel mit abschließendem Big Bang entfalten eine eigene Dynamik und Dramaturgie. Illusorisch, anzunehmen, eine Aufspaltung würde da nichts anrichten. Während Tarantinos Beitrag den Alleingang gut meisterte, die letzte Prise Geschlossenheit seiner bisherigen Filme jedoch zwangsläufig missen ließ, schrumpft Rodriguez’ Film, erst einmal auf sich gestellt, zum zwar launigen, aber erstaunlich leblosen Konstrukt zusammen, dass sich mit seiner permanenten Augenzwinkerei auf dem Weg zur vollwertigen Liebeserklärung an die Vorbilder selbst im Weg steht.
„Death Proof“ merkt man diese Liebe in jeder Sekunde an, bei „Planet Terror“ muss man sie eher herbeireden. Zitate und Verweise stapeln sich auch hier dutzendweise, aber ganz vage schwebt über allem der Ruch postmoderner Veräppelung. Und das wäre alles andere als eine Hommage, das wäre eine Katastrophe. Planet Error.
Da stellte „From Dusk Till Dawn“ letztlich einen respektableren Grindhouse-Film dar. Gerade weil er uns seine Absurditäten so todernst verkauft hat und damit auch die Geisteshaltung der Vorbilder transportierte.
Ganz ehrlich: Käme der Film außerhalb dieses Projekts, ohne gewollte Rollenfehler und unter dem Namen eines anderen Regisseurs heraus, ich könnte mich wohl auch kaum einkriegen vor Freude. Aber im Rahmen seiner Ansprüche und im Schatten seines Meisterstücks „Sin City“ schießt mir Rodriguez mit seiner Hälfte über das eigentliche Ziel heraus. Von diesem Spektakel geht keine Herausforderung aus, es genügt sich einfach nur auf eine bequeme Weise selbst.
Um das nochmals klar zu stellen:
„Planet Terror“ ist kein schlechter Film, aber nur in Sicherheitsnähe zu seinem Zwillingsfilm wirklich effektiv. Die Aufspaltung des „Grindhouse“-Projekts war ein Riesenfehler.