Man muss dem Debütant Jonathan Hensleigh (The Punisher, Bulletproof Gangster) hier schon einen gewissen Mut zusprechen, denn diese kontroverse Thematik ist heute ein absolutes Tabuthema. Doch wer jetzt hofft "Cannibals" würde an 80er Jahre Kannibalenschocker wie "Eaten Alive" oder "Cannibal Ferox" anknüfpen der hat sich gewaltig geschnitten. Nennen wir es mal eine Art Remake von Ruggero Deodatos "Nackt und zerfleischt" in der Light-Version. Denn nicht nur hier hat sich Hensleigh Innovationen geholt, sondern leider auch von "Blair Witch Project". Denn der gesamte Film wird durch die beiden Handkameras der zwei jungen Paare gezeigt. Da mag man jetzt die üblich unruhige Kameraführung erwarten, doch erstaunlicherweise macht die Chose zunächst einen guten Eindruck. Doch sobald es zur Sache geht, wird sich der Zuschauer grün und blau ärgern, denn die Positionierung der Kamera ist auf einmal katastrophal und während der Nachtsequenzen ist oft gar nichts zu erkennen. Einen Score gibt es hier gar nicht, dennoch sorgt die realistische Soundkulisse des Dschungels in einigen Sequenzen für die nötige Atmosphäre.
Und hiermit kommen wir auch zur Königsdiziplin von "Cannibals", nämlich der authentischen Kulisse. Manchmal ein wenig zu idyllisch wirkend, aber hier wurde sichtlich nicht in einem botanischen Garten gedreht. Aber die enorm beunruhigende Atmosphäre früherer Kannibalenschocker kommt hier nur teilweise auf.
Mandi (Sandy Gardiner), Bijou (Veronica Sywak), Colby (Callard Harris) und Mikey (Nick Richey) brechen in die Urwälder Papua-Neuguineas auf, um dort den vermissten Michael Rockefeller zu suchen. Der verschwand 1961 spurlos, eine große Suchaktion ergab nichts. Doch nageblich wurde er in verschiedenen Dörfern gesichtet und die zwei Paare erhoffen sich eine Sensation, wenn sie ihn aufspüren und mit der Kamera filmen. Doch im Urwald erwartet sie stattdessen etwas Grauenvolles, was sich niemand hätte je ausmalen können.
Die Geschichte basiert auf Tatsachen, denn Michael Rockefeller ist nicht nur in Neuginea spurlos verschwunden, sondern er war auch der Sohn des US-Vizepräsidenten Nelson Rockefeller. Doch was eine der größten Suchaktion der amerikanischen Geschichte nicht schaffte, wollen nun vier Dummschwätzer meistern, die dem Zuschauer erstmal gewaltig auf die Nerven gehen.
Hensleigh verplempert zu viel Zeit mit diesen Knalltüten, denn die Reise wird erst geplant, schließlich muss man noch mit dem Auto zum Urwald kommen und wird dort einmal fast von Dieben und dann von einer Grenzpatrouille erschossen. Danach latscht man ewig durch den Urwald, bald fangen die sinnlosen Streitereien an und die Kannibalen dürfen dann nach fünfzig Minuten zum ersten Mal auftauchen. Nennen wir sie lieber Waldbewohner, denn hier gibt es keine Spur von Kannibalismus. Dennoch gelingt Hensleigh im letzten Drittel ein solides Spannungsniveau, wäre da nicht die Handkamera, die auch noch den starken Part des Films zu Nichte macht. Diverse Tötungen gibt es gar nicht, nur das Endresultat bekommt dann auch der Zuschauer zu sehen. Doch dies beschränkt sich auf eine Leiche, der ein riesen Bambusstab durch den Mund gerammt wurde und ein paar zerfetzte Körperteile. Die aufkommende Dramatik wird durch die stets miese Positionierung der Kamera zu Nichte gemacht und selbst das bittere Ende kommt hierdurch kaum zur Geltung.
Die Darsteller sind höchstens durchschnittlich und völlig unverständlich ist ihre Verhaltensweise sich hier Dschungel zu trennen und auch noch die Begräbnisstätten der Urwald-Bewohner zu schänden.
Hier haben wir mit "Cannibals" ein gutes Beispiels, wie man mit einer entsprechenden Kamerahaltung alles zu Nichte machen kann. Hensleighs Film hat durchaus seine Momente, gerade die authentische Urwaldkulisse völlig ohne Score kann sich sehen lassen. Aber schon die Einleitung ist zu lang geraten und erst im letzten Drittel geht es dann zur Sache. Dies wäre alles noch zu verkraften, aber geht es dann endlich mal rund, samt Spannung und Dramatik, versagt die Kamera auf ganzer Linie. Und auch in Punkto Brutalitäten hätte man trotz der KJ-Freigabe ein wenig zeigefreudiger hätte sein können, denn außer ein paar übel zugerichteten Leichen sieht man nichts, keinen Ansatz vom Kannibalismus. Das Finale ist eine Frechheit, denn hier ist gar nichts zu erkennen. Was nützt das bitterste Ende, wenn man eh nichts sieht?