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"Das Millionenspiel" ist eine groteske Parodie auf das Reality-TV aus einer Zeit, als es dieses Format noch gar nicht gab. Erst Mitte der 70er wurden die ersten Realityshows, wie z.B. "An American Family", gesendet, und erst gegen Mitte der 90er wurden sie wirklich populär. Eine Anekdote: 1999 sollte wirklich eine Show mit dem Namen Realityrun produziert werden, in der der Kandidat gejagt werden durfte (nur wäre er dort natürlich am Leben geblieben). Ein Jahr später wurde sie schließlich wirklich im Internet ausgetragen, ging aber im Big-Brother-Rummel dieser Jahre geradezu unter.

Wer die Geschichte "Menschenjagd" von Stephen King bzw. "Running Man" kennt, wird die Handlung rund um den Kandidaten Bernhard Lotz schon erahnen. Sie führt uns durch die sensationsgeile, ziemlich realistisch dargestellte Show, die dazu noch von einem bekannten Moderator (Dieter Thomas Heck) moderiert wird. Dabei werden immer wieder Außenreportagen eingespielt: Entweder werden Bilder von der Jagd selbst eingeblendet, oder, wenn die Kamerateams Lotz' Spur verlieren, Dokumentationen über Lotz' Leben oder Interviews mit Passanten. Gibt es gar nichts zu sehen, treten Musiker und Komiker auf. Eine recht simple Story also, die linear auf den Showdown in der Sendeanstalt hinführt.

Das "gewisse Etwas" des Films liegt darum klar an der Art der Umsetzung, die sich betont realistisch gibt. Schon das Studio der Show ähnelt mit seinem riesigen Bildschirm dem Studio von "Big Brother". Auch sonst könnte man die ganze Zeit über denken, man befände sich in einer realen Show. Einzig und allein die Szenen, in denen hinter die Kulissen geblickt wird, stören da etwas. Doch gerade diese sind oft die satirischen Höhepunkte, etwa wenn ein Produzent hinter vorgehaltener Hand auf den Moderator schimpft oder ein anderer den Kandidaten selbst als Problem bezeichnet. Dass allerdings eine Quote von 7,6 Prozent als "ganz gut" für eine solche Show gesehen wird, zeigt, dass die Realität heute den Film teilweise noch übertroffen hat.

Am besten hat mir aber vom Film die Leistung der Darsteller gefallen. Was Dieter Thomas Heck schauspielerisch bietet, ist kaum zu übertreffen - er spielt sich nämlich weitgehend selbst. Ständig drischt er hohle Phrasen und baut auch mal Versprecher oder wirre Logik-Gedankengänge ("Ah ja, Radfahren, aber nicht beim Chef, oder?" - der Sinn dieses Spruchs will sich mir bis heute nicht erschließen) ein, so das das ganze durchaus als Live-Sendung durchgehen könnte. Genial. Auch was die Nebenrollen abliefern, ist einfach nur zum Schießen. Die nette Blondine mit dem Grinsgesicht etwa ("Ich sympathiere mit ihm"), oder die ältere Dame, die meint, Lotz sei gar nicht ihr Typ. Der Gipfel ist sicher die Leistung der Hotelangestellten, die Lotz verrät und das ganz kaltblütig und emotionslos in der Fernsehshow kommentiert. Da geht Jörg Pleva als Lotz schon beinahe unter, auch wenn auch er seine Sache durchaus gut macht, genauso wie der Killer, Dieter Hallervorden, der nichts, aber auch garnichts von seinem Komiker-Image durchblitzen lässt.

Fazit: Ein visionärer und einfach toller Film, bei dem man sich wünscht, dass heute in den "Fernsehspielen" mehr von dieser Qualität produziert würde. Für mich eine der besten Satiren überhaupt auf die Mediengesellschaft. Klar stammt die Idee von Robert Sheckley, aber die Inszenierung und die Schauspieler machen "Das Millionenspiel" einzigartig. Ein kleines Meisterwerk. 10/10 Punkte

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