Diese Kritik erschien von mir auch auf liquid-love.de
Über 6 Monate liess Steven Seagal nichts mehr von sich hören. Wäre
2005, hätten wir seit dem letzten Film schon mindestens 3 neue
Blockbuster zu Gesicht bekommen, mit "Urban Justice" kommt dieses Jahr
nach Flight of Fury aka Unsichtbarer Feind nun erst der zweite Seagal
Film raus. Und das wird wohl auch so bleiben, denn mit seinem nächsten
Film ist frühestens im März 2008 zu rechnen. War die lange Wartezeit
nun ein gutes oder schlechtes Zeichen? Darauf werde ich in meinen
Review eingehen.
Nun aber erst mal zur Story: Simon Ballister, ein ehemaliges Mitglied einer Spezialeinheit :-),
zieht durch Los Angeles eine blutige Spur, denn sein Sohn wurde von
einem vorbeifahrenden Auto aus kaltblütig erschossen. Um den Mörder
seines Sohnes zu finden, zieht er in eine nicht gerade gastfreundliche
Gegend, wo er den Mörder vermutet. Im Laufe seiner Ermittlungen lernt
er die "Gastfreundschaft" der dort ansässigen Gangs kennen. Doch davon
lässt er sich nicht beeindrucken und schlägt sprichwörtlich zurück.
Die Story hört sich geradlinig nach Old School an? In der Tat, ich
muss zugeben, ich war erstaunt, wie viel Mühe man sich hier gegeben
hat. Das Drehbuch aus der Feder von einem gewissen, mir bis anhin
unbekannten Gilmar Fortis II ist so geschrieben, wie es sich für einen
richtigen Seagal Film gehört. Das sinnlose Gequatsche von Seagal und
anderen Leuten aus den vergangenen Filmen hält sich hier in einem
wirklich erfreulich erträglichen Rahmen. Es gibt zwar zwischendurch ein
paar Szenen, wo irgendwelche Gangster sich bequatschen, und auch Seagal
möchte in einer Szene mal seine Sorgen zu Tage bringen, aber es ist nie
so schlimm wie es sich jetzt anhört, manchmal macht es sogar Spass, vor
allem wenn Eddie Griffin dabei ist, der seine Gangster-Rolle recht
amüsant rüberbringt.
Mir ist eine solche geradlinige Story sowieso lieber als
irgendwelche wirren Handlungen, wo man nicht mal weiss wer da wen
beballert. Somit halten sich meines Erachtens auch allfällige
Anschlussfehler, wie sie in den letzten Filmen zuhauf vorhanden waren,
in angenehmen Grenzen.
Doch für einen richtigen Seagal Kracher braucht es da natürlich
noch viel mehr, unter anderem natürlich coole Fights. Und wenn ich mir
so die Filme seit Exit Wounds anschaue, dann fühlt man sich einfach
verarscht. In den meisten Filmen konnte man ja irgendwelche Doubles
ausmachen, die irgendwelche Akrobatiknummern vollführten, die Seagal
nie beherrscht hat und eine völlig andere Frisur tragen etc.
Sind denn die Fights in diesem Film hier besser? Ich freue mich, sagen zu können: JA!
Zum einen wimmelt es hier von Fights, gerade verglichen mit den
letzten Vorgängern, und sie sind angenehm über den gesamten Film
verteilt. Und man mag es nicht glauben, aber Seagal legt grundsätzlich
selbst Hand an. Es gibt einige Einstellungen wo man mal nur ein Bein
sieht oder ein Arm, aber das ist nicht schlimm. An die alten Filme
kommen die Kämpfe natürlich nicht, aber das hier ist trotzdem besser
als alles was wir seit Exit Wounds gesehen haben. Ausgezeichnet
geschnitten, und mit der nötigen Härte garniert. Einige Knochen- und
vor allem Genickbrüche (offenbar die Spezialität vom Regisseur, denn in
Today you die und Mercenary gab es schon ein paar) kriegen wir hier zu
sehen. Achja und Vorsicht, Seagal lässt hier einige brandgefährliche
OneLiner vom Stapel, bevor er den bösen Buben in den Arsch tritt!
Zu Seagal kann ich nur sagen dass er mich positiv überrascht hat.
Im Gesicht scheint er seit Flight of Fury zwar wieder ein bisschen
zugenommen zu haben, aber was den Bauchumfang betrifft ist es zum Glück
nicht so schlimm wie ich befürchtet hatte. Der nichtssagende Trailer
von Sony lässt einem ausserdem die Vermutung aufkommen, dass der
Aikido-Meister hier wieder wie üblich schrecklich gelangweilt agiert,
aber dem ist nicht so. Kurz: Seine beste Leistung seit Exit Wounds. Wie
schon erwähnt lässt er einige OneLiner vom Stapel und scheint auch
sonst mehr Enthusiasmus in seine Rolle gesteckt zu haben, denn er
brauchte nicht in einem Satz synchronisiert zu werden, schreit in einer
Szene, wo er richtig sauer wird, sogar kurz herum und belächelt seine
Gegner, kurz bevor er ihnen die Knochen bricht. Ach ja, ausserdem hat
man es unterlassen, ihm Kussszenen mit jüngeren Frauen zu spendieren,
und einen auf HipHop Gangster macht er diesmal auch nicht. Einen
peinlichen Partner wie in Today you die hat er auch nicht, lediglich
einen Informanten, der aber nie zum Partner mutiert. Alles in allem
sehr überzeugend.
Die anderen Darsteller sind solides B-Niveau ohne Totalausfälle,
wobei vor allem Eddie Griffin ("Blast!") und Kirk B.R. Woller
("Poseidon") eine grundsolide Vorstellung abgeben. Danny Trejo
(Desperado) hat aber nur eine sehr kleine, aber nette Rolle. Man merkt
gut, dass hier nicht im Ostblock gedreht wurde und die Schauspieler
hier einfach besser sind.
In der ersten Stunde gibt es neben mindestens 3 grösseren Fights
auch noch eine Autoverfolgungsjagd, die aber nur "nett" ausgefallen
ist. Es gab schon besseres, aber auch schon schlechteres. Immerhin
kommen so ein wenig Schauwerte auf und es gibt mehr Abwechslung. Die
Hintergrundprojektionen bei Autofahrten sind leider nicht gerade das
Gelbe vom Ei, aber man kann damit leben.
Die Shootouts lassen erst noch ein bisschen auf sich warten. Dann
aber gibts eine kurze, sehr blutige Hinrichtungsszene, in die Seagal
leider nicht direkt involviert ist. Kurz darauf dürfen wir aben den
Meister selber in Action sehen, als sein Apartment von mindestens einem
Dutzend Gang-Mitgliedern überfallen wird. Hier gibt es derbe Shootouts
noch und nöcher, das Blut spritzt nur so herum, oftmals in Zeitlupe
zelebriert und die Wände bekommen einen neuen Anstrich :-).
Auch der Showdown überzeugt vollkommen. Viele derbe Shootouts und meist
gut choreographiere Fights sollten wohl jedem Action- und Seagal Fan
Freude bereiten.
Don E. FauntLeRoy inszeniert den Film äussert bodenständig und
solide. Wer ein Effektegewitter a la Submerged (viele mögen den Film
ja, aber mal abgesehen von zwei netten Fights hat der nichts mit einem
Old School Seagal zu tun, jeder andere hätte die Rolle auch spielen
können) oder Halb tot erwartet, ist selber schuld. Keine Kinoptik
(erwartet auch keiner), aber absolut solide. Der B-Movie Charakter ist
vorhanden, aber das macht nichts aus, denn Filme a la Out for Justice
etc. sind da ja nicht viel anders. Wobei ich nochmal erwähnt haben
möchte dass der Film nicht an diese alte Filme rankommt, und auch Exit
Wounds nicht Paroli bieten kann, aber trotzdem schlicht und einfach der
empfehlenswerteste Seagal Film seit 2001 darstellt.
Desweiteren möchte ich jedem raten, sich die DVD zuzulegen oder zu
mieten und unter keinen Umständen eine TV-Fassung anzusehen! Ihr würdet
mit Sicherheit viel verpassen, denn wie schon erwähnt gehts hier
phasenweise recht blutig zu und her.
Negativ erwähnen kann ich hier nur die nicht so tollen
Hintergrundprojektionen bei Autofahrten und dass die erste Stunde
vielleicht einen Hauch zackiger hätte sein können (bei der
Verfolgungsjagd hat mir ein treibender Score gefehlt, aber es geht
schon), wobei das schon meckern auf relativ hohem Niveau ist.
Vielleicht sind einige Szenen etwas zu dunkel, wobei andererseits
erfreulicherweise vieles auch bei Tag spielt.
Die Musikuntermahlung ist übrigens ansonsten sehr gelungen.
Was noch zu erwähnen wäre: Seagal wird, wie der Regisseur
angekündigt hatte, nur in ganz wenigen Szenen gedoubelt. Ich konnte
gerade mal deren 3 ausmachen, und man muss schon relativ genau
hinschauen um die überhaupt zu sehen. Stock Footage oder billige
CGI-Explosionen etc. sind nicht vorhanden.
Fazit: Was Mechanik für
Lundgren und Wake of Death für Van Damme war, ist durchaus meiner Meinung nach
Urban Justice für Seagal. Viele harte, gut geschnittene Fights, derbe
Shootouts mit extrem hohem Blutgehalt und ein gut aufgelegter Seagal
der jedem der ihn schief anguckt kräftig in den Arsch tritt, machen
diesen Film zu einem Vergnügen für Actionfans. Auf der negativen Seite
haben wir eine recht lahme Verfolgungsjagd und etwas zu viel
Gangster-Gerede in der ersten Stunde. Aber die Story funktioniert, und
die Action ist gut verteilt, sodass ich nur eine Empfehlung aussprechen
kann. Nicht so gut wie die alten Kracher oder Exit Wounds, aber
trotzdem sein bester Film seit Jahren. Kaum zu glauben, dass der Film
in nur 20 Tagen gedreht wurde. Bitte mehr davon!