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Was heute ja kaum jemand noch ahnt, wo alle 3-7 Jahre ein neuer Bond für ein Produktionsbudget in der Höhe eines durchschnittlichen Staatshaushaltes mechanisch an die Kinokasse geschickt wird: was die Marke „James Bond“ auslösen konnte, geschäftlich wie hysterisch – und wie es die Connery-Filme ab 1965 schafften, für den Rest des Jahrzehnts halb Europa ins „Euro-Spy“-Genre abdriften zu lassen (nachdem Sandalenepen gerade out waren). In unglaublich kurzer Zeit wurden unglaublich viele Epigonen, Kopien, Nachzügler und Kleinformate produziert und an den Start geschickt und sogar manch ein Billig-Agent erlebte mehr als eine Inkarnation.

Einer der erfolgreichsten unter den Nachziehern, speziell den Wenigen aus den USA, ist sicher „Matt Helm“, der in einer Reihe von Romanen von Donald Hamilton zum Verkaufserfolg wurde, ein harter ehemaliger Agent und Kämpfer aus dem Weltkrieg, der reaktiviert wird, um natürlich die Welt zu retten oder halt eine Nummer kleiner.

Das wäre eine schöne Alternative gewesen, aber es gab halt nicht nur die Bond-Manie, es waren auch die 60er und da nahm man nach vielen Jahren film noir auch gleichzeitig nicht mehr ganz so ernst, was man da produzierte. Dem Zeitgeschmack entsprechend waren die Filme jetzt gern bunt, poppig, ein wenig psychedelisch, ein wenig „swinging“ und nicht mehr so old school daddyhaft.

Gut, man hatte im alten Stil angesetzt, doch niemand wollte die Hauptrolle und so entschloss man sich, die Rolle als halbe Comedy anzulegen – und Dean Martin kam an Bord, der sich gerade mal etwas aus dem Rat Pack gelöst hatte und neben seinem beachtlichen Alkoholkonsum zwischendurch auch mal recht gute Filme drehte.

So wurde aus dem harten WW2-Kämpfer ein charmanter, model-flachlegender, Ex-Agent und jetziger Fotograf knackiger Mägdelein – wer also jemals einen Austin-Powers-Film gesehen hat, der weiß jetzt, wo Mike Myers die Idee her hatte.

„The Silencers“ aka „Leise flüstern die Pistolen“ war der erste Versuch und heute kann man kaum glauben, dass diese Produktion nicht nur ein großer Kassenerfolg war, sondern noch drei Fortsetzungen nach sich zog, wobei sogar noch eine vierte ursprünglich geplant war.

Dennoch haben wir es, bei allem Augenzwinkern, um einen enorm schwachbrüstigen Film zu tun, der heute ein klassisches Beispiel für schlechte Filmgeschichte, aber groß produziert, wäre.

Worauf man sich vor Sichtung einstellen sollte: Bond-Kopie heißt häufig Billigmist, Bond-Kopie mit großem Star in der Titelrolle heißt nicht zwingend damit das Gegenteil.

„Silencers“ hat zwar ordentlich Stars in der Garderobe, man hat sich eine Handvoll Gadgets einfallen lassen und die Bösen haben eine ganz dolle Untergrundbasis, aber sonst riecht der Film ungemein billig: deutliche Studiosets, kaum Außenaufnahmen, miese Rückprojektionen (besonders bei den Autofahrten) und ein Plot, der auf einen Bierdeckel gepasst hätte und nur vorgibt, spielfilmlang Substanz zu bieten.

Es geht – vollkommen unspektakulär – um irgendeine Mini-Computer-Disc mit dollen Abschuss-Infos für US-Atomtests. Die ist irgendwie sonstwo abhanden gekommen, aber das ist eh nur der MacGuffin, später wird das Ding geborgen und die Bösen machen einfach per Entführung des entsprechenden Wissenschaftlers weiter, so viel zur Schlüssigkeit.

Hinter dem Ganzen steckt die Geheimorganisation Big O, die sich vor allem bezüglich gefährlich wirkender Klappsesseln hervortut und das Publikum mit ihrem Boss irritiert: dem offenbar asiatischen Erzfeind Tung-Tze, der aber verstörenderweise von dem gänzlich nichtasisatischen Schwergewicht Victor Buono gespielt wird, der mit Make-Up und lispelnder (und ziemlich rassistischer) Leierstimme wie eine unverkleidete Drag Queen wirkt.

Unser Held hat derweil so gar keinen Bock, denn die Mädels geben sich die Klinke in seinem Pop-Plüsch-Fotostudio in die Hand, wo sie geknipst und verführt werden. Martin ist außerordentlich relaxed, nah an der Grenze zum Schlunzigen und hat so gar keine Lust, neben dem augenzwinkernden Verführer auch noch Actionheld zu sein.

Natürlich ändert sich das, als sein Ex-Chef, der Gegenspionage-Organisation ICE, sich meldet und gleichzeitig die Attentate auf Helm beginnen – ein lustloser Held macht sich an die Arbeit.

Die besteht hauptsächlich darin, an der Seite von Daliah Lavi gut auszuschauen und dann an den damaligen Star Stella Stevens zu geraten, die im Folgen die Rolle von Sidekick, ungeschicktem Trampel und hübsch anzusehendem Krampf im Arsch übernimmt.

Ob Stevens nun dumm oder raffiniert ist, macht einen großen Teil des Plots aus, ist sie doch mit den Bösen irgendwie assoziiert und bekommt auch zufällig die Disc zugespielt, nachdem die Vorbesitzerin (Cyd Charisse in einem extended Cameo cum Gesangsauftritt) erschossen wird.

In der Folge zoffen sich sich Stevens und Martin ein wenig bemüht wie Hund und Katz und die Tatsache, dass der Held die Dame abfüllt, um an Informationen zu gelangen, war sogar damals zweifelhaft.

Naja, zum Glück hat Matt seine rückwärts wie vorwärts schießende Pistole (das Accessoire, welches den meisten Zuschauern im Gedächtnis bleibt) und kann am Ende dank hilfreich ins MP-Feuer laufender Wachposten die Bösen besiegen.

Um bei der Wahrheit zu bleiben: der Film ist Schrott.

Abgesehen von einigen netten Popkultur-Nuggets wirkt vieles optisch billig und der Plot verliert häufiger mal aus den Augen, dass wir uns in einem Agentenfilm bewegen. Allein die Autotour von Martin und Stevens samt Besäufnis und Übernachtung in der Wüste, inclusive unnötigem minutenlangen Rumgewate von Stevens im strömenden Regen dauert eine Viertelstunde minimum und bringt genau Null bezüglich Plot. Martin hatte offenbar keine Lust oder einen beträchtlichen Kater und spielt das meistens müde runter, außer Mädels sind in der Nähe oder es gibt was zu saufen. Dahingehend hat Ballantines für das Product Placement vermutlich ein Vermögen gezahlt.

Ergänzend kommt dazu, dass man zwei vollständige Charisse-Songs genießen kann, einer im Vorspann und einer dann kurz vor ihrer Ermordung im Film, was weitere 8-10 Minuten kostet und wann immer irgendjemand ein Radio anmacht oder eine Platte startet, erklingt natürlich: ein Dean-Martin-Song (das passiert geschätzt so etwa achtmal).

Bemüht ist man maximal, Lavi in schicker Garderobe und Stevens in Unterwäsche zu zeigen, womit sich weitere Zeit effektiv füllen lässt. Die restliche Agentenchose hätte man auch in einem 40-Minüter gut untergebracht.

Sensationell an dieser müden Ruine ist eigentlich nur, was der Streifen im Kino einspielte, denn das war ein Haufen Cash, weswegen die Fortsetzung „Murderer’s Row“ noch schnell im gleichen Jahr (1966) nachgelutscht wurde, der Film wird in einer frühen Form einer Post-Credit-Scene sogar noch angekündigt.

Erklärbar ist das aber damit, dass die Mode und die Manie gerade 1966 in voller Blüte standen, kurz bevor Connery erstmals den Bettel hinschmeißen sollte und „Thunderball“ gerade das Genre zum Explodieren gebracht hatte. Dennoch reicht meine Geduld dafür nicht mehr besonders weit: gerade mal 3/10.












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