Saiva (Michelle Yeoh) wurde schon in frühester Kindheit von ihrem Stamm verstossen, da dessen Schamanin der Meinung war, dass jeder der in Saiva`s Nähe kommt in Gefahr schwebt.
Jahre später streift Saiva mit Anja (Michelle Krusiec) durch eine karge Landschaft, die sich zwischen Tundra und Arktis bewegt, ständig auf der Hut nicht irgendwelchen Soldaten in die Hände zu fallen.
Als beide inmitten der Einsamkeit einen Ort gefunden haben, an dem sie leben möchten, findet Saiva eines Tages einen fast toten Mann namens Loki (Sean Bean) im Schnee und rettet ihm das Leben.
Während sich in Rückblenden die Geschichte von Saiva und ihrer Verbindung zu Anja offenbart, finden Loki und Anja immer mehr aneinander gefallen.
Eines Tages eröffnet Anja Saiva, dass sie zusammen mit Loki ein neues Leben beginnen möchte und die Wildnis verlassen will...
"Far North" von Regisseur Asif Kapadia ist auf den ersten Blick insgesamt so karg wie die Landschaft in der die Handlung angesiedelt ist.
Sehr wenig Dialoge, kaum Schauwerte und eine teilweise im Schneckentempo voranschleichende Handlung, deren finaler Twist auch noch größtenteils vorherzusehen ist.
Für den Anfang hört sich das nicht gerade vielversprechend an, trotzdem hat "Far North" auch einige gute Seiten.
Nämlich die Kameraarbeit von Roman Osin, der hier einige wunderschöne Naturaufnahmen, sowie im wahrsten Sinne des Wortes "kalte" Bilder einfangen konnte, die die Handlung bestens zu unterstreichen helfen.
Zugegeben, die Naturaufnahmen sind ein gewisser Selbstläufer. Jeder Kameramann, der eine solche Naturkulisse ungenutzt lassen würde, wäre quasi mit der Muffe gepufft, weshalb man die Sache auch nicht zu hoch hängen sollte. Trotzdem trösten die Aufnahmen über so manchen der Storydurchhänger etwas hinweg.
Damit wären wir schon beim Drehbuch angelangt, für das Regisseur Kapadia und Tim Miller verantwortlich sind. Wie schon gesagt, wenige Dialoge, wenig Schauwerte und kaum Überraschungen muß man einplanen. Was ebenfalls für ein gewisses Missvergnügen sorgt ist die Tatsache, dass total unklar bleibt in welcher Zeit die ganze Handlung eigentlich angesiedelt ist. Anfangs könnte man denken es wäre die Vergangenheit, dann vielleicht doch die Zukunft ...Vielleicht ist dieses Detail aber auch vollkommen egal und soll nur dazu dienen die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf das Wesentliche zu lenken, nämlich die Charaktere...?
Dummerweise hat sich das Drehbuch durch die den Charakteren zugedachten, sehr spärlichen Dialoge einer sehr wichtigsten Möglichkeit beraubt, um diese überhaupt mit Leben füllen zu können. Auf Grund dieses Mangels läuft die Charakterisierung hier mehr über die Schiene der Interpretation der jeweiligen Handlungen und der Mimik der Darsteller/innen ab.
Missverständnisse sind dadurch praktisch vorprogrammiert. Entweder die Darsteller können die Intention des Drehbuchs nicht vermitteln oder der Zuschauer missinterpretiert die Darsteller.
Die Gemeinsamkeit beider Möglichkeiten ist auf jeden Fall die Tatsache, dass die einzelnen Figuren bestenfalls eindimensional wirken. Genau dies ist im Falle von Loki und Anja gegeben. Saiva hat zwar etwas mehr Leben eingehaucht bekommen, das Script kann diesen Vorteil aber nicht ernsthaft nutzen, da ansonsten der finale "Überraschungseffekt" vorweg genommen würde.
Blöde Situation, die dadurch entschärft werden sollte, dass man sich auf die Schauspielkunst von Michelle Yeoh verlies, die einerseits die missbrauchte junge Frau mit Killerinstinkt als auch die "Mutterrolle" sowie die zurückgewiesene Liebende irgendwie auszufüllen hatte.
Nichts gegen Michelle Yeoh, aber es dürfte bekannt sein, dass sie keine Meryl Streep ist!
Dementsprechend fällt auch ihre Darstellung der Saiva aus. Insgesamt wirkt ihre Verkörperung der jungen Saiva bestenfalls passabel.
Peinlich für einige Crew-Member finde ich hier, dass die junge Saiva (ebenso mit Michelle Yeoh besetzt, wie die ältere) deutlich älter aussieht als die "alte" Saiva.
Die reifere Saiva-Version meistert Yeoh etwas besser, ohne allerdings an schauspielerischen Benchmarks auch nur schnüffeln zu können.
An Sean Bean und Michelle Krusiec wurden keine besonderen darstellerischen Anforderungen gestellt. Auf drehbuch-technisch durchschnittlichem Niveau meistern sie ihre Aufgaben problemlos.
Fazit: "Far North" ist über die gesamte Spielzeit von knapp 90 Minuten kaum fesselnd oder gar unterhaltsam. Man hat es hier vielmehr mit einem schleppend inszenierten, erst kurz vor Ende interessant werdenden Drama zu tun, dass niemand wirklich gesehen haben muß.