Der Unternehmer Miles Rennberg (Michael Madsen) hatte vor einiger Zeit eine heftige Affäre mit der jungen Sandra (Asia Argento). Für ihn ging sie mit seinen Kunden ins Bett um Geheimnisse zu erfahren, die ihm Vorteile im Business bringen könnten. Jetzt sind sie getrennt, sie besucht ihn aber noch mal, zuerst im Büro, dann bei ihm Zuhause. Dort eskaliert die Situation, und am Ende liegt Miles tot auf dem Boden. Sandra kann mit Hilfe ihres Chefs(?) Lester (Carl Ng) nach Hongkong fliehen in der Hoffnung, dass dort alles besser wird. Ein Trugschluss …
Und ich frage mich nach der Zweitsichtung immer noch, was uns der Regisseur/Drehbuchautor mit dieser Story sagen möchte. Dass Asia Argento supersexy ist und die absolute Oberschlampe spielen kann wie keine zweite? OK, akzeptiert, aber hätte man das nicht vielleicht in eine Geschichte packen können, die diese Bezeichnung auch verdient?
Mal sehen: Die ersten etwa 20 Minuten ziehen sich gefühlte 2 Stunden, und außer dass Frau Argento ein wenig an sich herumfummelt passiert erstmal nicht viel. Der Zuschauer erfährt ein wenig Vorgeschichte über das Gespann Miles/Sandra, und das war es auch schon. Warum sie ihn im Büro besucht bleibt unklar, genauso wie der Grund warum sie am nächsten Abend bei ihm vorbeischauen soll. Anschließend ein wenig Arbeitsalltag Sandras in einer großen Spedition, man lernt etwas über ihre Träume: Ein Club in Peking soll es sein, drunter macht sie es nicht. Am späten Abend ist Sandra dann in einen aus dem Ruder laufenden Drogendeal verwickelt, aber außer der Erkenntnis, dass sie und Lester ein Paar sind bleibt da auch nicht viel. Als nächstes besucht Sandra Miles. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich, man redet miteinander, ein wenig sehr harter Sex, aber die Motivationen, die Gründe für das jeweilige Handeln, liegen völlig im Dunkeln. Gut, die beiden Schauspieler machen ihre Sache wirklich hervorragend, und der ruhige und abgeklärt wirkende Madsen kommt neben der unruhigen und flippigen Argento seht gut zur Geltung. Aber der narrative Unterbau bleibt dünn.
Nächste Station, Miles ist tot, Sandra flieht mit Lesters Hilfe nach Hongkong. Dort wird ihr ziemlich böse mitgespielt, aber sie ist ja ein taffes Mädel und kann sich mit einer Knarre und einem Handy ganz gut durchschlagen. Ich gebe ohne weiteres zu, dass die Szenen rund um ihre Gefangennahme und Flucht sehr gut inszeniert sind, wenngleich etwas weniger Wackelkamera sicher mehr gewesen wäre, aber auch hier fehlt irgendwie jegliche Motivation. Soll die Geschichte aus der Sicht Sandras erzählt werden, und der Zuschauer erfährt nicht mehr als Sandra erfährt? Wahrscheinlich, aber dafür fehlt meines Erachtens die Identifikationsmöglichkeit mit der Hauptfigur. Sandra bleibt immer undurchsichtig, ihre Handlungen sind nicht immer nachzuvollziehen, und ehrlich gesagt ist auch der Sympathiefaktor relativ gering. Und sich mit einem nicht sympathischen Hauptdarsteller zu identifizieren, das ist schwer. Zumindest ich bekomme es offensichtlich nicht hin.
Na auf jeden Fall rennt Sandra quer durch Hongkong, ab und zu wird ihr geholfen, wann anders wird sie über den Tisch gezogen, aber außer einem “Hat schon Pech die Süße“ bleibt nicht viel übrig. Die Sache mit der fehlenden Sympathie und der fehlenden Identifizierung halt. Liegt vielleicht auch daran dass ich männlich bin und Frau Argento ganz schön weiblich, aber in anderen Filmen war so was eigentlich noch nie ein Hinderungsgrund …
Und dann ist der Film vorbei. So, wie wir in die Geschichte (schon wieder dieses unpassende Wort) hineingeworfen wurden, so verlassen wir sie auch. Insofern eine sehr realitätsnahe Sache, weil wenn wir in der Realität in etwas hineinstolpern kennen wir die Vorgeschichte und die Gründe auch nicht. Und nach Abschluss des Abenteuers wissen wir auch nicht was passiert (Wenn ein Mann beispielsweise eine Frau kennenlernt, 3 Monate eine heftige Affäre hat, und diese dann wieder vorbei ist. Ich glaube, diese Analogie trifft es ganz gut.). In NO COUNTRY FOR OLD MEN ist diese Realitätsnähe ähnlich aufgebaut, wenn Dinge passieren ohne dass wir dabei sind (der Tod Llewelyns), aber NO COUNTRY … hat eine gute und spannende Geschichte zu bieten, die stringent erzählt wird, gute Typen hat, und den Zuschauer ganz einfach packt. BOARDING GATE hat dies nicht: Die Geschichte ist ein Stückwerk verschiedener Genreelemente, die Erzählweise ist zugegeben straight-forward, aber irgendwelche interessanten Typen sind halt auch nicht zu sehen. Was dann in der Summe heißt, dass der Film einen nicht packt. Und das ist etwas, was ich von einem Film schon erwarte. Und verdammt noch mal, eine Wackelkamera, die immer nah an den Darstellern bleibt, ersetzt keine Dramatik! Lernt man das auf den Filmschulen heute nicht mehr?
Fazit: Thema verfehlt. Asia Argento allein bekäme die volle Punktzahl, aber da das nicht das einzige ist was zählt (weil ich mich dann nämlich mit Alexis Texas ansprechender vergnügen könnte), kann ich den Film mit bestem Gewissen nicht empfehlen.