Emilio Estevez spielt einen jungen Vietnamheimkehrer, der psychisch enorm an dem zu Leiden hat, was im Kriege geschah. In seiner Familie kommt es daher zunehmend zu Streitigkeiten zwischen dem traumatisierten Sohn, seinen Eltern, gespielt von Kathy Bates und Martin Sheen, und seiner Schwester, bis diese schließlich eskalieren.
Da der Vietnamkrieg in Amerika filmisch bereits dutzendfach aufgearbeitet wurde, zu den verschiedensten Zeiten, durch unterschiedliche Regisseure und durch die Meisterwerke des Genres, wie "Apocalypse Now", "Platoon", "Die durch die Hölle gehen" und "Full Metal Jacket" im Grunde schon alles gesagt und gezeigt wurde, was aufzuarbeiten war, stellt sich bei jedem Film, der Vietnam aufzuarbeiten versucht, aufs neue die Frage: Hätte man diesen Film jetzt wirklich gebraucht? Wird hier etwas Neues gesagt, oder bleibt es bei bereits vorhanden Ansätzen und deren Variation? Und auch, wenn den traumatisierten Heimkehrern unter Anderem mit Oliver Stones "Geboren am 4. Juli" ein Denkmal gesetzt wurde, ist "Heimatfront" doch ein Drama über den Vietnamkrieg, das seine Existenzberechtigung hat und kaum emotionaler sein könnte.
Dabei ist es vor allem die Konsequenz des Regisseurs Emilio Estevez, die den Film auszeichnet. Nachdem Estevez mit "Wisdom" und "Men at Work" Erfahrungen als Regisseur sammeln konnte, nachdem er als Darsteller bereits mehrere Jahre aktiv war, leistet er hier hervorragende Arbeit. So ist Estevez hoch anzurechnen, dass er den eigentlichen Krieg im Grunde überhaupt nicht zeigt, so kann man bis zum Finale eigentlich nur erahnen, was im Krieg mit dem traumatisierten Heimkehrer geschah, womit das komplette Geschehen auf das Hier und Jetzt fokussiert wird.
Im Zentrum steht ganz klar der Familienkonflikt und der ist hervorragend konstruiert. So gewinnen die Charaktere zunehmend an Profil, vom relativ konservativen Vater, der seinen Sohn in den Vietnamkrieg geschickt hat, um das gesellschaftliche Ansehen der Familie nicht zu gefährden und seinen traumatisierten Sohn eher deshalb wieder in den Alltag integrieren will, damit sich die psychischen Leiden seines Sohnes nicht herumsprechen, über die Mutter, die zwar versucht, ihren Sohn zu verstehen, bzw. ihm dieses Gefühl vermitteln will, aber kein wirkliches Verständnis aufbringen kann und mit der neuen Konfliktsituation in der Familie vollkommen überfordert ist, bis hin zur Schwester, die sich als einzige über die psychischen Leiden der Heimkehrer erkundet und sich alle Mühe gibt, ihrem Bruder zu helfen, dabei aber von diesem abgewiesen und von ihren Eltern gehindert wird, sind alle Charaktere gelungen konstruiert.
Der Familienkonflikt äußert sich dabei vor allem durch Streitereien wegen alltäglichen Banalitäten, wie ein paar gegessene Kekse, oder das Tischgebet und sind allesamt realistisch genug aufgebaut, dass diese scheinbar banalen Streitereien die Dramatik immer weiter steigern und eine emotionale Atmosphäre kreieren, die durchgehend fesselt. Dabei gelingen Estevez, der das Erzähltempo zwischenzeitlich quälend langsam hält, was den emotionalen, zunehmend trister werdenden Grundtenor noch weiter steigert, einige dramaturgische Spitzen. Der Einsatz von Filmmusik ist eher spärlich, aber immer dann, wenn Estevez welche einsetzt, ist sie versiert genug gewählt, um Akzente zu setzten. Beim hochdramatischen Finale erreicht der Konflikt schließlich seinen Höhepunkt und der Krieg im eigenen Haus endet. Was bleibt ist das grandiose Plädoyer für Verständnis den traumatisierten Veteranen gegenüber, das seine Laufzeit höhepunktslos und quälend langsam, aber gerade deswegen hochdramatisch und fesselnd ausfüllt.
"The War at Home" ist ein Film der großen Gefühle und wandelt damit immer am harten Grat der falschen Sentimentalitäten, aber das aufkommen dieser wissen die starken Darsteller gekonnt zu verhindern. So gibt es an Emilio Estevez` Arbeit auch darstellerisch nichts zu bemängeln, so spielt er den traumatisierten Heimkehrer realistisch und erweckt dabei Mitleid für den psychisch leidenden Veteranen, der für Verständnis in seiner Familie kämpft, das ihm kaum zu Teil wird und auch an Kimberly Williams, die die Rolle der Schwester souverän meistert, gibt es nichts zu bemängeln. Als pseudo-verständnisvolle Mutter zeigt sich Oscar-Preisträgerin Kathy Bates erneut von ihrer besten Seite, während Martin Sheen, der auch im wirklichen Leben der Vater von Estevez ist, als konservativer, auf das Ansehen der Familie bedachter Vater mit einer enormen Präsenz als darstellerischer Höhepunkt des Films brilliert.
Fazit:
Der Konflikt rund um den traumatisierten Veteranen und seine relativ verständnislose Familie ist gelungen konstruiert und mit Feingefühl inszeniert, womit Emilio Estevez` Drama über weite Strecken auf emotionaler Ebene fesselt. Rundum konsequent umgesetzt und bis hin zum spannenden Finale dramaturgisch schlüssig aufgebaut und darüber hinaus auch darstellerisch über jeden Zweifel erhaben, ist "The War at Home" ein rundum sehenswertes Drama, das jedem ans Herz gelegt sei, der dazu bereit ist, sich auf die Thematik einzulassen.
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