Mehrere britische und amerikanische Kriegsgefangene, die bereits in mehreren Gefangenenlagern Ausbruchversuche mehr oder minder erfolgreicher Natur gestartet haben, werden in ein, als besonders ausbruchsicher geltendes Lager gesteckt. Nachdem erste, kleinere Ausbruchsversuche scheitern, planen die Ausbruchsspezialisten gemeinsam einen gewaltigen Coup und versuchen mit einem einzigen Ausbruch über zweihundert Gefangene zu befreien.
"Gesprengte Ketten" beginnt wie eine Komödie: Die Ausbruchverssuche der verschiedenen Gefangenen werden, mit heiterer Musik unterlegt, teilweise mit einem wenig Slapstick, der fast an Stummfilmkomödien erinnert, serviert und wenn man es nicht an den Uniformen der Wärter immer wieder erkennen würde, könnte man kaum auf die Idee kommen, dass man sich in einer der düstersten Epochen der Geschichte, in der NS-Diktatur, in einem Kriegsgefangenenlager befindet. Und "Gesprengte Ketten" ist zu diesem Zeitpunkt auch überaus amüsant, startet bereits auf überaus unterhaltsamem Niveau, doch dann beginnt der eigentliche Geniestreich von Regisseur Sturges.
Zwar werden auch in den folgenden Minuten, im Grunde sogar im gesamten zweiten Drittel des Films noch humorvolle Töne beibehalten, aber das Gefängnis-Drama erzeugt doch nach und nach mehr Spannung. Dabei werden die Charaktere zunehmend tiefer und sehr sympathisch konstruiert. Der Einfallsreichtum, mit dem die Ausbrecher zu Werke gehen, gestaltet den Film zunehmend interessanter, die Tatsache, dass sie jederzeit auffliegen könnten, darüber hinaus auch spannender, sodass trotz des langsamen Erzähltempos keinerlei Längen entstehen und dies spricht bei einem Film dieser Laufzeit schon einmal für die Fertigkeiten des Regisseurs John Sturges, der unter Anderem mit "Die glorreichen Sieben" einen Kultfilm hervorbrachte.
Dabei wird vor allem bei den Aufnahmen im Tunnel eine klaustrophobische Atmosphäre kreiert und trotz des, nach wie vor andauernden, heiteren Grundeindrucks, auch die Dramatik erhöht. Das Gefangenenlager wird dabei gelungen in Szene gesetzt, überhaupt ist die Inszenierung in Anbetracht des Alters dieses Werks audiovisuell sehr achtbar.
Beim Ausbruch ist die Atmosphäre dann spürbar dicht, Sturges kurbelt das Tempo noch einmal herunter und bei diesem quälend langsam ablaufenden Ausbruchsversuch, der im Grunde jederzeit bemerkt werden könnte, ist die Spannung dann derart hoch, dass der Film wie kaum ein anderes Gefängnisdrama fesselt. Die Komödie ist spätestens jetzt einem handfesten Thriller gewichen, der als Showdown im Grunde schon ausgereicht hätte, um ein kleines Meisterwerk zu schaffen.
Aber Sturges befasst sich anschließend noch damit, wie es den Ausbrechern nach ihrer Flucht ergangen ist, die in den meisten Fällen mit einer erneuten Gefangennahme oder dem Tod der Beteiligten irgendwo im deutschen Reich, oder im besetzten Frankreich endet. Dabei ist die Dramatik spürbar hoch. Der Thriller entwickelt sich zum Drama, das nun, nachdem die Charaktere derart sympathisch gestrickt wurden kaum spannender und tragischer sein könnte. Am Ende schmerzt es förmlich, wenn die Ausbrecher nach und nach scheitern. Lustig, spannend, mitreißend und fesselnd, mehr kann man von einem Film kaum erwarten.
Vorm Abspann wird dann noch ein Schriftzug eingeblendet, der noch einmal auf die wahre Begebenheit anspielt, die dem Film leicht zu Grunde liegt und angibt, dass dieser Film den Ausbrechern gewidmet ist, die bei der Flucht ihr Leben lassen mussten, doch bei der Aufarbeitung der Begebenheit werden dann leider doch Fehler gemacht. So werden am tatsächlichen Ausbruch lediglich die Elemente verwendet, die dem Spannungsaufbau, bzw. den Unterhaltungswert steigern, während die Charaktere keine Ecken und Kanten haben und man die ganze Zeit über das Gefühl bekommt, dass einzelne Ereignisse ein wenig überspitzt dargestellt wurden. Dies hier ist Unterhaltungskino und zwar welches der Spitzenklasse, aber bei der Aufarbeitung der Begebenheit wäre "Gesprengte Ketten" gern mehr, als er eigentlich ist, daher wurde der Film bei der Oscar-Verleihung auch zu Recht kaum berücksichtigt.
Zuletzt wären noch die Darsteller lobend zu erwähnen. So macht Steve McQueen seinem Helden-Image auch hier einmal mehr alle Ehre und zeigt sich als charismatischer, physisch wie psychisch belastbarer Ausbrecher mit einer gewohnt hohen Leinwandpräsenz von seiner besten Seite. Ebenfalls sehr charismatisch und präsent zeigt sich auch Richard Attenborough als Anführer der Aussteiger, während James Garner mit seiner sympathischen Art in seiner Rolle perfekt besetzt ist und ebenfalls eine überaus gelungene Leistung vollbringt. Und auch der restliche Cast, in dem viele hochkarätige Darsteller wie Charles Bronson, Donald Pleasence oder James Coburn zu sehen sind, weiß zu gefallen.
Fazit:
Was als amüsante Komödie beginnt, entwickelt sich nach und nach zu einem, zum Bersten gespannten Gefängnis-Thriller, der wiederum einem mitreißenden, berührenden Drama weicht und damit unterhält "Gesprengte Ketten", der darüber hinaus eine makellose Inszenierung, zahlreiche bekannte und stark aufspielende Darsteller, sowie einen stimmigen Score aufbietet, auf ganzer Linie hervorragend. Da sollte auch nicht weiter stören, dass die wahre Begebenheit kaum genutzt und abgefälscht wird.
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