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Es gibt ja mindestens vier Horrorlegenden. Zum einen Graf Dracula, dann das mal mehr, mal weniger stumme Frankenstein-Monster, der haarige Wolfsmann und last but not least die Mumie. Nun ist eben jene Mumie immer eher eine Baustelle gewesen (bis Stephen Sommer mit seiner Deluxe-Variante kam), da sie selten eine große Bedrohung darstellte. Ganz langsam pirscht sie sich frontal auf ihre Opfer zu, die natürlich kreuzdoof stehen bleiben. Eines der schönsten Klischees der Horrorgeschichte, und auch die Hammerstudios umgehen solche Sachen nicht und liefern mit "Die Rache des Pharao" einen weiteren, kreativ überschaubaren Horrorfilm ab.

Hierbei könnte die Geschichte kaum jünger als die Mumie sein. Ein Ausgrabungsteam, darunter der smarte John mitsamt seiner französischen Partnerin Annette (die übrigens nicht wirklich französisch aussieht), buddeln die Grabkammer von Ra-Antef frei und finden allerlei Kostbarkeiten. Ein gewitzter Amerikaner namens King will nun die Wertsachen mitsamt des Pharaos nach England schiffen, um ihn auf Jahrmärkten auszustellen. Ein paar sind zwar davon wenig angetan, verhindern kann es aber niemand. Auf der Bootsfahrt nach Hause lernt Annette den schönen Adam kennen, der sie vor einen Rüpel bewahrt hat. Funken fliegen. Rosamunde Pilcher muss an Bord sein.

John, der eigentlich um die Hand Annetts angehalten hatte, wird nun damit konfrontiert, dass sie nur noch Augen für Adam hat, der sie mit allerlei Süßholz zuschüttet. (sie lässt das auch noch vor Johns Augen mit sich machen, typisch Frau). Romantik Nonstop, bis endlich die Mumie präsentiert wird, doch *Schreck*, sie ist gar nicht mehr da! Leiter King ist mittelschwer enttäuscht und entschließt sich, allein durchs neblige, dunkle London nach Hause zu wandern (immer ne' gute Idee). Doch wer stellt sich ihm da in den Weg? Freund Bandage selbst, der King unfein durch die Gegend feuert. Somit sind fast 3/4 des Films vergangen und jetzt schon durften wir die Mumie in Action sehen.

John findet schnell heraus, dass wirklich die Mumie durch die Gassen Londons streift, verklickert dies der Polizei (die das ohne Umschweife sofort glauben) und in der nächsten Szene wird schon versucht sie mittels Netz zu fangen. Geht aber schief, da sich ein ägyptisches Mitbringsel vor der Mumie zu Boden wirft und darum bittet, getötet zu werden, weil er bei den lästerlichen Ausgrabungen geholfen hatte. Mumie spielt dann ein bisschen Ich-zerdrück-einen-Kopf und schleicht davon. Dann kommt einer der schönsten Sätze, die ich je in einem Film gehört hab. Der Polizeichef befiehlt seinen Polizisten, der Mumie (die wirklich im Sekundentakt davon schlurft) "unauffällig zu folgen".

Schnitt auf Adam und Annette, die nun ganz ein Liebespaar geworden sind. Adam reist davon und fragt seine Liebste, ob sie mit ihm gehen will. Sie willigt sofort ein. "Aber wie sagen wir es John?". Annette beschließt, ihm einen Brief mit den üblichen Floskeln zu schreiben (doofes Huhn), doch bevor sie überhaupt irgendwas abschicken kann, platzt die Mumie rein und würgt Adam. Der steht wieder auf und redet zu der Mumie im Befehlston, die kommt auf ihn und, haut ihm eins auf die Fresse und geht erneut davon. Sinn der Szene? Gleich Null, denn so oder so erfahren wir später die schreckliche Wahrheit hinter Adam, denn er ist Ra, der Bruder von Re, der Mumie! Er wurde zur Unsterblichkeit verflucht und kann nur von seinem Bruder durch den Tod erlöst werden, da er das Leid der Welt nicht mehr erträgt. Boah, Sozialkritik!

Wer Hammer-Filme kennt, weiß, dass die immer atmosphärisch und nie so richtig langweilig sind. So geht es auch der Rache des Pharao, auch wenn hier keiner vom Kultteam Lee/Cusher/Fisher mitgemischt hat. Der kleine Horrorstreifen, der süße 76 Minuten geht, unterhält durchgehend, auch wenn die Schwächen wirklich zu jeder Sekunde aufwarten. Zuerst mal sieht die Mumie eher aus wie aus nassem Klopapier zusammengeschustert. Die Darsteller können dann auch nicht immer überzeugen. Ronald Howard agier als John etwas steif, Jeanne Roland als Annette ist so doof, das man ihr eine kleben möchte, und Terence Morgen als Adam bzw. Ra scheint optisch und in seiner Aussprache der Vater von Florian Silbereisen zu sein.

Zudem hat das Drehbuch wirklich arg viele Fehler und Ungereimtheiten, die stellenweise aber schon ganz amüsant sind. Am Anfang stirbt aus irgendwelchen völlig irrelevanten Gründen der Vater von Annette, und obgleich das auf ziemlich unschöne Art passiert (Stich in Bauch, Hand ab) ist sie nach einem kurzen Weinerle sofort wieder froh und munter (und obwohl das ein waschechter Mord war scheint sich niemand weiter drum zu kümmern). Der Film scheint auch in einem komischen Universum zu spielen, da Zeit hier relativ zu sein scheint. Am Abend, an dem die Mumie geklaut wurde, platzt John in die Vorstellung mit einer Zeitung in der Hand, wo das schon drin stand. Da war die Druckerei aber sehr schnell. Und auch sonst werden Zeitangaben gemacht, die sich andauernd widersprechen.

Natürlich wird einem im Takt der beliebte Die-Mumie!-Ich-muss-stehen-bleiben-und-Angst-haben Gag präsentiert, aber wenn sich jemand wehren würde, wäre der Film auch langweilig, gell? Ansonsten ist "Die Rache Pharao" zwar vom Stil her unverkennbar Hammer, aber die teils groben Schnitzer in Handlung und Darstellerkunst vereiteln den Klassikerstatus. Schade eigentlich, in seinen besten Momenten ist auch dieser Film unterhaltsam, aber halt bekloppt. Ein wahrer Filmfreund nimmt das aber belustigt auf.

Fazit

Atmosphärisch dichter und kurzweiliger Horrorfilm, dessen Drehbuch verdammt viele Ungereimtheiten beinhaltet. Die Mumie ist aber ganz lustig. Und zum Schluss nochmal, weils so schön war: "Folgt ihr unauffällig!"

5/10

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