Review

Das ich mal einen Film aus der DDR sehen, geschweige denn rezensieren werde, hätte ich mir auch nie erträumen lassen. Aber gewisse Umstände sorgen halt stets für angenehme, oder weniger angenehme, Überraschungen. Es ist ziemlich schwierig für mich diesen Film artgerecht zu bewerten und zu kritisieren, denn sehen wir doch mal der Tatsache ins Auge : Das Ganze ist hier nicht wirklich als Film zu bewerten, sondern eher als ein Theaterstück von einer Grundschule. Der Film mit dem seltsamen Namen "Gritta von Rattenzuhausbeiuns" stammt aus dem Jahre 1985 und eben zu allem Überfluss auch noch aus der DDR, dementsprechend weit muss man die Erwartungen im Vorfeld runter schrauben. Mir fällt es wirklich schwer diesen Film als Trash oder Gurke zu bezeichnen, denn mehr Mittel für Effekte oder Kostüme (oder eine vernünftige Schauspielausbildung) stand wohl einfach nicht zur Verfügung und das merkt man diesem Film einfach an. Dennoch gibt es etwas, was mir bei diesem Film ungemein gefallen hat : Die Darsteller in ihrem Auftreten. Es stimmt, es spielen hier keine guten Schauspieler mit, aber man merkt, besonders den Kindern, an wie viel Spaß sie in ihren Rollen haben und blühen richtig auf. Keiner wirkt irgendwie überfordert oder gelangweilt, jeder spielt mit sehr viel Liebe, auch wenn es keine gute Schauspielkunst ist, die uns hier gezeigt wird. Allerdings kann ich diesen Film auch nicht einfach als GUT bezeichnen, denn es tut schon teilweise sehr weh was uns hier optisch und akustisch geboten wird. Man kann also sagen, dass dieser unbekannte alte Film eigentlich nur ein reiner Kinderfilm ist, wo auch wirklich nur Kinder großen Spaß dran haben werden. Erwachsene werden hierbei leider nicht viel Freude haben, es sei denn man ist in der DDR und mit diesem Film groß geworden.

Gritta von Rattenzuhausbeiuns ist eine kleine Hochgräfin und die Tochter des verarmten Grafen, der sich lieber nur noch als Erfinder beschäftigt. Sein Lebensziel ist es, eine Thronrettungsmaschine zu bauen um so wieder zu Reichtum zu kommen, so wie es eines Grafen würdig ist. Gritta sieht ihrem Vater dabei meist gelangweilt zu und hilft meist nur als Versuchskaninchen bei seiner großen Erfindung. In der verfallenen und von (sprechenden) Ratten übersäten Hochburg lebt zudem noch ein alter Butler, der Gritta und ihrem Vater immer tatkräftig unter die Arme greift und dabei immer völlig selbstlos wirkt. Zudem hat Gritta noch einen Freund mit dem sie immer wieder auf Achse geht und sich beispielsweise mit dem fliegenden Fahrrad vergnügt. Doch eines Tages verliebt sich der Vater in eine junge Frau, mit 5 Kindern im Schlepptau und bringt sie kurzer Hand mit nach Hause. Sofort wird klar, dass die neue Frau an der Seite von Grittas Vater das Zepter in die Hand nehmen will und Gritta Ordnung und Disziplin beibringen will. Als Gritta der hoch-arroganten Frau die Meinung geigt wird sie in eine Kloster-Schule gesteckt, wo sie unter strengen Nonnen unterrichtet werden soll. Doch keiner ahnt bisher, dass die neue Frau von Grittas Vater viele Konsequenzen mit sich bringt, die Gritta sogar bis zum König und einer Verschwörung gegen den Selbigen führt.

Nun, so hart muss ich jetzt erst mal sein, denn nun muss ich erst mal erläutern, was diesem Film fehlt, um an wirklich großartige Kult-Werke wie "Ronja Räubertochter" oder "Pippi im Taka-Tuka Land" heran reichen zu können. Zunächst mal wäre da die "Story" die uns leider völlig willkürlich zusammen geschustert präsentiert wird. Es gibt keinerlei Entwicklungen, keinen roten Faden, geschweige denn eine anständige Kulisse. Wenn Gritta beispielsweise aus dem Kloster flieht, um den König zu warnen, wird sie von sämtlichen Mitschülerin begleitet, obwohl Diese keine 3 Szenen vorher sie noch auf übelste Weise gemobbt haben. Sie sind später allesamt Freunde und nie wird erklärt, warum sie sich plötzlich alle so gut verstehen, es ist halt einfach so. Kann man das wirklich mit "In einem Märchen muss nie irgendwas Sinn ergeben" begründen? Ein weiterer Punkt ist die furchtbare Musik. Wer kam bitte auf die Idee, die Akteure singen zu lassen, denn musikalisch ist das Ganze hier nur schwer zu ertragen. Nicht nur, dass die Lieder schief und krumm und ohne Taktgefühl gesungen werden, sie sind textlich auch noch völlig Banane. Immerhin halten sich die Lieder sehr begrenzt und wirklich lange geht keins dieser Lieder. Ein weiterer Negativaspekt ist die Geräuschkulisse, die wirklich schlimmer klingt, als in jedem Bud Spencer und Terrence Hill Film. Sogar das rum werfen von Kuchen und anderem Klebekram wurde mit einem völlig falschem Geräusch ausgestattet, wodurch viele kleine Szenen fast schon unfreiwillig komisch wirken. Außerdem ist es wirklich fraglich, ob die Ratten wirklich hätten sprechen müssen. Ich weiß es ist ein Märchen, aber mal ehrlich, das Ganze wirkt hier von der Atmosphäre her eher wie ein Kinderabenteuerfilm, als wie ein Märchen und da haben sprechende Ratten eigentlich nur wenig verloren. Da der Film nur 79 Minuten geht, ist das Ende leider auch dementsprechend hastig und so wie der gesamte Film eigentlich kaum standhaft ist, so ist es dann leider auch das völlig lieblos hin geklatschte Ende.

So nun aber zu dem Punkt der mir wirklich gut gefallen hat. Wie ich bereits erwähnt habe merkt man hier einfach, das Alle unfassbar viel Spaß an ihrer Arbeit haben. Die Akteure spielen richtig fröhlich in ihren Rollen und blühen total auf. Das lässt es dann auch total vergessen, dass die schauspielerische Leistung hier eher unterirdisch ist. Leider wird vieles durch eine zusätzliche Synchronisation ergänzt, was an sich ja nicht verkehrt ist, doch wenn die Lippen mancher Schauspieler sich gar nicht bewegen, aber trotzdem eine Stimme drüber spricht, kann das schon leicht als störend empfunden werden. Und auch wenn die Kinder wirklich alle total süß und engagiert spielen, so bleibt dennoch ein fader Beigeschmack bei der Verwendung sämtlicher Charaktere. Was zum Beispiel hatte der Freund von Gritta für einen Nutzen in dieser Geschichte? Er darf mit der sympathischen kleinen Hauptdarstellerin ab und zu ein bisschen spielen und rumknutschen und ganz selten darf der Junge auch in seine Trompete blasen, ansonsten ist diese Figur einfach total wertlos. Auch der Butler, der anfangs noch permanent präsent ist, verschwindet später einfach spurlos von der Bildfläche und taucht ohne Erklärung einfach nicht mehr auf. Auch der Bösewicht kommt hier kaum zur Geltung und darf nicht mehr von sich geben, als ein paar gemeine und ach so böse Sätze.

Wäre das ganze eine Theateraufführung meiner Tochter, hätte ich wohl ein Riesenspaß beim zusehen gehabt. Denn mehr als das ist dieser Film einfach nicht. Er wirkt wie eine Theateraufführung bei dem aber einige Kapitel einfach übersprungen wurden. Deswegen empfehle ich den Film nur kleinen Kindern, denn die werden sicherlich ausreichend bei diesen Film bedient. Achja und paranoide Kinderschützer sollten diesen Film dringend meiden, denn den Kindern wird hier etwas ach so Schlimmes abverlangt : Sie müssen hin und wieder splitterfasernackt vor der Kamera rum tanzen, was in unserem heutigen paranoiden Land sicherlich auf einige abstoßend wirken kann.



Fazit : Es ist einfach schwer und irgendwie auch gemein diesen Film als Gesamtwerk zu bewerten und kritisieren. Ich fand ihn weder gut noch schlecht. Es ist einfach ein Kinderabenteuer, bei dem sich die kleinen Darsteller einfach mal ein bisschen austoben dürfen. Deswegen hoffe ich, dass man mit meiner Durchschnittsnote zufrieden sein kann. Wenn man einfach berücksichtigt aus welchem Jahr und aus was für einem schweren Land dieser Film kommt, kann man hier schon mehr als 1 Auge zudrücken.


5/10

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