Nach Jahren vor der Kinoleinwand und dem TV-Bildschirm steigen die Ansprüche halt, zumindest bei einigen. Also wenigstens bei mir.
Bei Erstausstrahlung konnte ich so Levinsons Film auch als fiesen kleinen Bürothriller mit Starbesetzung noch abtun, aber der zweite Blick macht mir doch schon eher Magenschmerzen. Ja, als Unterhaltungsfilmchen geht er immer noch durch, aber die Verlogenheit, die unter dem Crichtonschen Mäntelchen hochbrisanter moderner Mobbingideologie hervorschaut, macht die schönste Intrige gallig.
Das ist widerlich berechnend gebastelt von Drehbuchschreiber Attanasio, der hier gleich so ziemliche alle Klischees aus dem Bereich Aufstieg/Abstieg innerhalb der Firma durchkaut und sie durch die Tatsache, daß die Geschlechter hier mal verdreht wurden, natürlich ungemein aufwertet.
Seien wir mal ehrlich: der böse Chef, der seine Angestellte niederdrückt, reicht heute nicht mal mehr zum GZSZ-Star-Verwertungs-TV-Movie, sondern wird in jeder Vorabendserie abgehandelt. Aber da sind ja die dicken Stars vor.
Erst mal Michael Douglas, der vorher genug auf der Arschlochschiene gesurft ist, um mal damit zu brechen. Und dann die damalige 15-Millionen-Frau Demi Moore, die trotz ein paar erfolgreicher Filme meist ein bloßes Chiffre blieb, eine hübsche, aber wenig interessante Oberfläche, ein Projektionsfeld für männliche Wünsche.
Aber wie soll ich mich auch noch mit einem Film anfreunden, in dem der Held zumindest theoretisch und beinahe seine alte Freundin und zukünftige Chefin bumst; diese ihm als knackiger Chef vor die Nase gesetzt wird und natürlich sofort nicht besseres zu tun hat, als Machtpositionen dadurch zu sichern, indem sie dem ehemaligen Sitzenlasser die Ehe aufmischt und die Dominanz präsentiert. Und als das nicht klappt, sofort einen sexuell-genötigt-Plan improvisiert, auf den natürlich sofort alle anspringen.
Und was noch schlimmer ist: den ganzen Film kämpft Douglas um seinen Platz in der Firma, die er mit groß gemacht hat - warum, weiß allerdings auch nur er. Sein Chef übergeht ihn bei der Beförderung, informiert ihn nicht, manövert ihn aus, in Zweifelsfällen spinnt er Intrigen, um ihn loszuwerden oder versucht, ihn zu diskreditieren. Und als das Gespinst nicht klappt und Miss Moore in die Falle tappt, da wird halt sie ge-axt, hauptsache, einer geht. Wenn Donald Sutherlands Rolle die typische Darstellung eines Silicon-Valley-Firmenchefs ist, dann haben die Japaner ab sofort wieder Chancen.
Daß Douglas trotzdem am Ende wieder eine Frau vor die Nase bekommt, ist da das Mildeste an Ironie, was der Film noch aufbringen kann. Vorher beraubt er sich mittels eines abgehalfterten Sex-Plots jeder Spannung, um dann in eine auch noch ganz schlecht gebastelte Firmenintrige abzurutschen, in der eine künftige Vizepräsidentin ganz offen einen Mitarbeiter sabotieren kann und Angestellte da locker mitmachen. Ja, wir spüren deutlich, "Wall Street" trifft hier auf "Eine verhängnisvolle Affäre", die durch das "Working Girl" verursacht wurde.
Da wundert es in modernem Hollywood-Stil nicht, daß schon Kollege Zufall helfen muß (und das sogar zweimal!!!), um den "Helden" hier zu retten. Einmal durch eine zufällige AB-Aufnahme des Sexvorfalls, dann durch die nette Mithilfe eines entfernten Kollegen, der mal eben Firmeninterna einfach so durchs Fax jubelt.
Angereichert ist das alles mit sinnlosen Cyber-Spielereien, die nicht nur wenig überzeugend gelöst wurden, das alles auch lediglich komplizieren. Obwohl ein patenter Konstrukteur weiß Michael aber während des ganzen Films keine Lösung, seinen Berechtigungslevel mal zu knacken.
Wirklich unerträglich sind aber oft die erhobenen Zeigefinger, die durch die Handlung waten. Ob es die geschlechtlich umgekehrten Vorzeichen sind oder die Moore mault, nur getan zu haben, was auch jeder Mann getan hätte, die Absicht kommt mit dem ganz dicken Edding.
Und wenn wir dann auch noch in punkto sexuelle Nötigung die Seiten wechseln und die dadurch (nein!) ein Ehekonflikt entsteht, dann könnte ich mich über das Überbombardement an Botschaften aufregen, wenn mich ein Hagel von dramaturgisch unwahrscheinlich notwendigen Zufällen nicht interessemäßig schon abgetötet hätte.
Für lautere Bürokaufleute ist das trotzdem immer noch ein Bombenschlager, weil sie sich damit mal so richtig verstanden fühlen, alle übrigen denkenden Menschen dürften von dieser überproduzierten Hexenjagd herzlich genervt sein. Ach, und wer wegen des Covers an Erotik denkt, kann die Freude darauf schon mal eintüten. Eine Szene, banaler als "Basic Instinct" und eine Darstellerin mit tollen Beinen, aber kalt wie Fisch.
Aber auch der sterile Crichton-Look kam mal an eine Ende...made only for the money. (5/10)