John Rambo
Er ist zurück. Die Ikone der 80iger. Der wortkarge Macho und Flächenabdeckende Killer von gestern. Doch muss man dieser Figur nach wie vor Sympathien zugestehen. Auch aktuell ist er kein Mann vieler Worte und reduziert Konversation auf ein Minimum. Schließlich muss man ja Kräfte sparen. Sein Leben stagniert, doch eine Änderung ist ebenso nicht willkommen. Allerdings dreht sich die Welt ja nicht um John Rambo allein. Also kreuzen eines Tages ein paar Freiwillige auf deren Aufgabe darin besteht den Menschen in einer Kriegszone beizustehen und die Not zu lindern. Natürlich klingt das arg Trivial und eventuell auch ein wenig arrogant, doch so ist es eben. Anfängliche Versuche die Meute von ihrem Vorhaben abzubringen scheitern, denn bei einer Blondine wird auch Johny schwach. Also fährt er den Trupp in das abgelegene Dorf und tötet unterwegs ein paar Piraten. Die Missionare sind mehr als schockiert über diese Tat und können sich, trotz der Rettung ihrer eigenen Haut, nicht damit anfreunden. „Scheiß auf die Welt“ sinniert unser Held, setzt sie am gewünschten Ziel ab, und macht sich von Acker.
Bis hier hin wird der Film ruhig aber direkt erzählt. Klar ist auch sofort das der Plot einfach bleiben wird. Doch der gealterte Rambo hat gerade im vierten Teil tatsächlich Charisma. Zugegeben der treudoofe Blick von Stallone ist geblieben, und die Fans der drei Vorgänger werden ihn dafür lieben, doch bleibt die Figur ein Rätsel. Natürlich reine Interpretation, denn es war nie Sinn und Zweck Rambo politisch oder zwischenmenschlich zu etablieren, auch wenn man gerade dem ersten Teil einige Seitenhiebe abgewinnen konnte. Keine Charaktertiefe und keine dialoglastigen Passagen, die den Film auf diese Art beschönigen oder gar aufwerten wollen. „Rambo“ ist und bleibt ein Synonym für Action. Doch das ist gut so. Also macht auch die klassische Rollenverteilung von Gut und Böse Sinn und funktioniert aufgrund der kompakten Verpackung hervorragend.
Kommandant Major Tint ist aber auch ein Bastard. Vollkommen unnötig und gewissenlos (auch dem Zuschauer bleibt der Film eine Erklärung schuldig) werden durch ihn und seine Truppen ganze Dörfer ausgelöscht. Er verbreitet damit Angst und Schrecken und verdient nur eines, nämlich von Rambo transchiert zu werden.
Dem platzt dann auch der Kragen, als er wenig später erfährt das die Missionare von ihrer Hilfsaktion nicht zurückgekehrt sind. Erst als Bootsmann angeheuert um einen Söldnertrupp hinterher zubringen, greift er später selber ins Geschehen ein. Bis hier hin absolut solide macht der Film eine regelrechte Wandlung durch. Erstens wird der Film mit der Befreiungsaktion überraschend spannend und zweitens zelebriert Rambo sein Können und steigt, bedenkt man die drei Vorgänger, zu absoluter neuer Hochform auf.
Rambo Killt wieder. Erst lässt er melancholisch verlauten: „Lebe für nichts, oder stirb für etwas“, und dann lässt er die Fetzen fliegen. Aber wie, muss man gesehen haben. Atmosphärisch auch mal bedrückend, zumal sich ein Teil in der Nacht abspielt, wird eine breite Schlachtpalette geboten, weshalb man explizit sehen darf wie Gliedmaßen abgeschlagen, Köpfe weg-, bzw. abgeschossen, Soldaten und Zivilisten angezündet, Kinder ermordet, kurz wahre Massaker angerichtet werden. Zugegeben das ist schon ein starker Tobak, weshalb Leute mit Abneigung gegen solche Unterhaltung einen wirklich großen Bogen um Rambo machen sollten, doch funktioniert diese grafische Darstellung und überzeugt auch wegen der erstklassigen Effekte. Die Kameraarbeit ist sowieso absolut überzeugend und reißt den Zuschauer direkt rein in den Krieg. Sehr dynamisch werden die Actionszenen eingefangen, dabei profitiert natürlich auch die Natur mit all ihrer Schönheit davon. Das Tempo ist sehr straff und es bleibt wenig Zeit zum verschnaufen. Schock begleitet den Zuschauer und ein wenig Schadenfreude, wenn Johny großkalibrig Soldaten durchlöchert, ja förmlich zerplatzen lässt. Das trotz offensichtlicher Übertreibung des ganzen Szenarios ein gewisses Maß an Authentizität erhalten bleibt ist vor allem dem fehlen von Slow-Motions zu verdanken. Krude und schnell wird hier gestorben, weshalb stellenweise wirklich Kriegsfilmfeeling aufkommt. Nach Zählung der LA Times kann man in der ungeschnittenen Version den Tod von 236 Menschen begutachten. Ihr merkt hier wurden erneut Tabus gebrochen. Zumindest wenn man das ganze kommerziell reflektiert. Denn selbst für einen R-Rating ist das sehr ungewöhnlich. Fällt mir nur John Woo's Hard-Boiled ein.
Der Score dem auch das originale Theme zu Grunde liegt ist sehr dicht und wechselt zwischen dramatischen und melancholischen Klängen ab. Wird gerade in der zweiten Hälfte auch mal treibend und gibt dem Film, zwischen all dem Geballere, akustisch eine prägende Note.
Stallone selbst gab zu die Gewaltschraube bewusst angezogen zu haben, da im Kampf gegen die harte Filmkonkurrenz (z.B. SAW IV, 300) das natürlich auch jüngere zahlende Publikum, welches die Kultfigur gar nicht mehr kennt, angelockt werden soll.
Leider kann dies nur bedingt funktionieren. Zumindest in Deutschland, wo der Film um eine Minute gekürzt läuft, da er als streng jugendgefährdend eingestuft und somit erst ab 18 Jahren freigegeben wurde. Der eigentliche Hammer dabei ist das die deutschsprachige Version in Österreich ab 16 Jahre freigegeben wurde und das obwohl der Film im ungeschnittenen Original zu sehen ist. Ich habe auch das Glück an der Grenze zu Austria zu wohnen.
Definitiv einen Actiongarant, der nicht nur Rambo-Fans zufrieden aus den Kinos entlassen sollte. Aufgrund der austauschbaren Alibistory gibt’s von mir aber zwei Punkte weniger. Auch wenn ich mich erstklassig unterhalten habe und einer der letzen Actionhelden der 80iger nun endlich endgültig sein Stirnband an den Nagel hängt.
Außerdem sollte nicht zuviel Ernsthaftigkeit hinter der Hauptfigur gesucht werden und selbst die Kritik am Völkermord sowie an den selbsternannten, letztendlich wie von John vorhergesagt scheiternden, Helfern kann man getrost stecken lassen. Der Film will schlicht und ergreifend unterhalten.
8 von 10