Drei Jahre (genau genommen schon 4, aber von Erscheinungsdatum des Films ausgegangen sind es 3) ist es nun her, seit der letzte Top Film von Tony Scott die Kinoleinwand zierte. Drei lange Jahre hat man von diesem Top Regisseur, der für solche Hammerfilme wie Crimson Tide, Last Boy Scout, True Romance und Staatsfeind Nr.1 gesorgt hat, überhaupt nichts gehört. Vor kurzem sah ich dann den Trailer zu Spy Game, und als ich den Namen Tony Scott sah, war klar. Den gehst du gucken. Das hab ich natürlich auch getan. Und ich sage euch. Das Warten auf Scotts neuen Mega-Top-Film hat sich gelohnt. Aber nicht nur haben wir hier einen Top Regisseur hinter der Kamera, sondern auch noch 2 Top Darsteller davor. Selten hab ich Robert Redford und Brad Pitt in einer derart guten Performance erlebt (Okay: Robert Redford ein wenig öfter als Brad Pitt).
Kommen wir aber zuerst zur Geschichte. Der Film fängt in einem Asiatischen Gefängnis an. Dort sind gerade ein paar Ärzte einer UN Truppe die Gefangenen gegen irgendeine Krankheit am impfen. Doch das ist nicht deren Hauptanliegen. Tom Bishop (Brad Pitt), Top Agent der CIA will dort einen riskanten Rettungsversuch starten, der jedoch leider fehlschlägt. Bishop wird gefangen genommen. Die CIA reagiert darauf recht ruhig. Anstatt einen Befreiungsversuch zu starten, versuchen sie alles zu unternehmen, um Bishop diese Aktion als eigenhändige Sache unterzuschieben und ihn quasi abzuschießen. Hier kommt Robert Redford zum Einsatz. Er war damals Bishops Ausbilder und hat ihn bei zahlreichen Einsätzen geleitet. Er soll nun einer speziellen Komission der CIA die ganze Geschichte über Bishop erzählen. Man erhofft sich dadurch Hinweise auf mögliche Fehlverhalten Bishops, die das Vorhaben ermöglichen, Bishop einfach seiner Hinrichtung zu überlassen.
Wie sich aus der Story zeigt, läuft der grösste Teil des Films in Flashbacks ab, in denen man das sieht, was Redford über seine Erfahrungen mit Bishop erzählt. Dadurch entwickeln die beiden Hauptcharaktere aber auch eine enorme Tiefe, man erfährt fast alles, was Bishop seit seinem ersten Treffen mit Redford erlebt hat. Genauer gesagt alles, worüber Redford bescheid weiss, was aber recht umfangreich, schließlich ist Bishop beim Militär und dadurch leicht zu überprüfen. Doch auch über Redford erfährt man vieles, beispielsweise, dass er recht häufig verheiratet war und dass seine Frauen gelegentlich bei Einsätzen mit dabei waren. Doch im Film geht es nicht nur um die beiden Charaktere. Denn im Laufe des Films wird dem Zuschauer klar, was Redford ausserhelb dieser Meetings mit der Komission eigentlich macht. Er bereitet selbst einen Rettungsversuch für Bishop vor. Denn er hat schnell begriffen, was die Kommission vorhat. Das gibt dem Film einen zusätzlichen Reiz, da man immer befürchten muss, dass Redford jeden Augenblick erwicht wird.
Doch nun zu den Schauspielern. Wie gesagt, liefern Brad Pitt und Robert Redford eine Oscar reife Performance. Man kauft ihnen jede Kleinigkeit ihrer Charaktere ab. Das liegt aber auch daran, dass beide excellent in diese Art von Rolle passen. Brad Pitt als draufgängerischer Soldat, der jedoch Schwierigkeiten hat, seine eigene Moral von der seines Jobs zu trennen. Und Redford als intelligenter, ein wenig eitler Mensch, der immer das Beste fordert, sich aber selbst auch nicht verarschen lässt. Doch auch die anderen Rollen sind excellent besetzt, auch wenn man die meisten anderen nicht oft zu Gesicht bekommt, mit Ausnahme von Catherine McCormack und den Mitgliedern der CIA Komission. Besonders Catherine McCormack sei hier genannt. Sie spielt eine von Brad Pitts Kontaktpersonen, in die sich dieser verliebt, was eine besondere Konfliktsituation hervorruft. Aber keine Sorge, schnulzig wird es nicht, romantische elemente halten sich sehr in Grenzen, fallen auch kaum auf.
Nun ja, drei Jahre ist es her seit Tony Bishop Der Staatsfeind Nr. 1 ghedreht hat. Und bei Spy Game zeigen sich einige typische Stilmittel aus diesem Film wieder. Da sei zum Beispiel der von Scott oft benutze Establishing shot, wo die Kamera blitzschnell um den Ort des Geschehens fährt. Doch auch der stete Wechsel zwischen starrer Kamera und sich bewegender Kamera gibt den ganzen ein gewisses Flair, man fühlt sich nicht nur als Zuschauer, sondern als Beteiligter. Das hat Scott auch in der Staatsfeind Nr.1 schon gekonnt umgesetzt.
Dazu kommt dann auch noch stimmige von Harry Gregson Williams, den ich persönlich gerne in Filmen höre.
Und da es sich hier um einen ernsten Thriller, und nicht um einen Actionfilm handelt, verzichtet Tony Scott auch auf heftige Gewaltszenen, wie sie in Last Boy Scout und True Romance en Masse zu sehen waren. Sowieso gibt es in dem Film nur sehr wenig Gewalt, und ganz sicher keine Brutalität. Und das obwohl Brad Pitt einen ausgebildeten CIA Killer spielt.
Fazit: Ein Spitzen Thriller, der spannend ist aber zugleich auch einen hohen charakterlichen Tiefgang hat. Eine sehr seltene Mischung. Von Tony Scott wieder meisterhaft umgesetzt und mit Starbesetzung. Das Kinojahr 2002 wird immer besser.
10/10