Review
von c.funke
Intimate Enemies
(Koch Media/ Bronson)
Was kommt dabei heraus, wenn einer der interessantesten europäischen Regisseure, Florent Emilio Siri (Das tödliche Wespennest und Hostage), nach seinem Ausflug in das amerikanische Mainstreamkino wieder in die heimischen Gefilde zurückkehrt, und nun aller kreativen Fesseln entledigt, einen Film über den algerischen Unabhängigkeitskrieg dreht: er schafft ein Meisterwerk, welches den Vergleich zu den ganz großen Antikriegsfilmen nicht zu scheuen braucht.
Schon sein Debüt, Das tödliche Wespennest, zeigte seinen Hang zu düsteren Geschichten (ein modernes Remake von John Carpenters Assault on Precient 13) und seine Fähigkeit, diese hart, dreckig und drastisch, jedoch immer mit einem faszinierenden Feingefühl für virtuose Actioneinlagen und dem realistischen Zusammenspiel der Hauptprotagonisten zu inszenieren. Auf Grund des Erfolges bekam er als zweite Arbeit direkt das Angebot aus Hollywood, ein Bruce Willis – Spektakel zu drehen. Was folgte war eine imposante Frischzellenkur für Willis, aber da das Endresultat für die Sehgewohnheiten vieler Zuschauer zu düster und kompromisslos war, erlangte Hostage – Entführt nicht den erhofften finanziellen Erfolg an den Kinokassen. Zum Glück ließ Siri sich trotzdem nicht von seiner Vorstellung eines perfekten, erwachsenen Kinos abbringen, und zog zurück nach Frankreich, um seinen nächsten Film, Intimate Enemies, vorzubereiten.
Intimate Enemies spielt im Algerien um 1959, es herrscht ein blutiger Unabhängigkeitskrieg der rebellischen FLN gegen die Franzosen, welche seit über 150 Jahren das Land besetzen. Ziel seitens der Franzosen ist es, die FLN-Kompanien zu vernichten und ihren Anführer zu töten. Wir begleiten den idealistischen und etwas naiven Lieutenant Terrien (Benoit Magimel, Sky Fighters), der ohne große Vorbereitung in das Krisengebiet kommt, und auf unbeschreibliche Gräuel stößt.
Bestialisch werden Mitglieder der FLN gefoltert und ermordet, sadistisch werden die einzelnen Methoden vorher an unschuldigen Dorfbewohnern ausprobiert, ganze Armeen durch Napalm vernichtet. Der alltägliche Wahnsinn spiegelt sich immer deutlicher im Gesicht unseres Protagonisten wider.
Genau hier liegt die stärke des Filmes! Nicht auf plumpe Effekthascherei ist der Regisseur aus, sondern das wirkliche grauen findet trotz der teils extrem drastischen Momente und Bilder im Auge des Betrachters statt. Getragen wird dies durch hervorragende Darsteller und eine wundervolle Kameraarbeit, die wirklich jede Szene beeindruckend inszeniert, und durch kluge Perspektiven dem Betrachter ein auf mehreren Ebenen funktionierendes Kunstwerk liefert.
Lohn dieser Arbeit waren alleine in Frankreich drei Cesars.
Die vorliegende Veröffentlichung aus dem Hause Koch Media spielt wieder auf einem sehr hohen Niveau. Das Bild ist fehlerfrei, der Ton, vorliegend auch in einer DTS- Tonspur ist klar differenziert und wuchtig, das Bonusmaterial setzt sich in der Single – Version aus einem Audiokommentar des Regisseurs und dem Filmkritiker Jean-Baptiste Thoret, einer Bildergalerie, dem Originaltrailer und einer Programmschau zusammen, in der Special- Edition wird es wesentlich umfangreicher sein. Intimate Enemies ist ein großartiger, erschreckender und beeindruckender Film, der auf einem hohen Niveau das Genre des Antikriegsfilmes um einen Meilenstein bereichern wird. Sollte Regisseur Florent Emilio Siri auf diesem Niveau sein Können weiter unter Beweis stellen, erwarten uns noch weitere hoch interessante Filme.
CFS