Die Kritik beruht auf der ungeschnittenen DVD-Fassung vom Label MCP Sound & Media!
Nach Terence Fishers Versuch Robert Louis Stevensons Roman um "Dr. Jekyll und Mr. Hyde" adäquat umzusetzen, wagte sich Regisseur Roy Ward Baker ("Dracula - Nächte des Entsetzens") elf Jahre später erneut an eine Adaption.
Das Werk, entstanden nach dem Drehbuch von Brian Clemens (verantwortlich auch für das Skript zu diversen "The Avengers"-Episoden und den Vampirfilm "Captain Kronos"), setzt verstärkt auf Gewalt und eine erotische Komponente und ist sowohl als eigenständiges Werk als auch im direkten Vergleich zu Fishers "Schlag 12 in London" um Längen besser.
Größter Vorteil der Produktion ist, dass nicht nur die Jekyll/Hyde-Thematik abgewandelt wurde, sondern diese zudem noch mit den Morden um Jack The Ripper in Verbindung gebracht und mit Motiven aus "Frankenstein" kombiniert wird.
Und so kommt der Zuschauer in den Genuß einer sehr atmosphärischen Verfilmung, die neben blutigen Morden im Ripper-Stil, Leichenfleddereien und einem organisierten Leichenhandel (wobei hier auch auf Robert Louis Stevensons Roman "The Body Snatcher" Bezug genommen wird) auch den erotischsten Hyde der Filmgeschichte zu bieten hat.
Martine Beswick gleicht dem wundervoll agierenden Ralph Bates wie ein Ei dem anderen und verleiht dem Werk die erotische Würze.
Wie für Hammer-Verhältnisse üblich wurde auch hier wieder sehr viel Wert auf authentische Dialoge, Kostüme und Kulissen gelegt und auch der dynamische, kraftvolle Score sorgt für eine unheimliche Stimmung.
Angesichts aller Brutalität und Erotik nimmt sich das Werk trotzdem die Zeit, die innere Zerissenheit Jekylls darzustellen, dessen Besessenheit, den wissenschaftlichen Durchbruch zu erlangen, wozu ihm anfangs noch jedes Mittel recht ist, in einer Tragödie endet, die nicht nur von Bates, sondern auch von allen anderen Darstellern des Ensembles perfekt gespielt wird.
Diese Hammer-Produktion kombiniert auf qualitativ hohem Niveau nostalgischen Grusel der frühen Hammer-Ära mit den härteren Stilelementen des Horrorkinos der 70er Jahre und unterhält mit einer ideenreichen und phantastischen Story.
Schade ist nur, dass auf die Ermordung Professor Robertsons durch Jekyll/Hyde im weiteren Verlauf des Films nicht mehr eingegangen wird.
Auch das dramatische Finale kommt sehr abrupt, weiss aber zu gefallen.
Trotz dieser kleinen Schwächen ist "Dr. Jekyll und Sister Hyde" ein uneingeschränkt empfehlenswerter Klassiker, der zu Unrecht in die Vergessenheit geraten ist.