„Die Nacht der Generäle“ ist ein hervorragender Thriller, der geschickt Motive des Kriegsfilmes adaptiert. Er erzählt uns den verlorenen Kampf des Majors Grau (Omar Sharif), der als Militärpolizist den triebmordenden General Tanz (Peter O’Toole) zu überführen versucht und in den Wirren des 20.Juli von seinem Widersacher ermordet wird. Erst viele Jahre später gelingt es einem französischen Polizisten, Tanz dingfest zu machen und somit spät, aber immerhin, der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen.
Der Film spielt virtuos mit der Geschichte. Er lässt den ersten Mord 1942 in Warschau passieren. Die Stimmung im besetzten Polen mit der Furcht vor den Deutschen und der Allmacht der Soldaten ist hervorragend umgesetzt. Hier muss sich Tanz noch nicht besonders geschickt anstellen, um von sich abzulenken. Er zelebriert sich selbst im rechtsfreien Raum und fühlt sich wie Gott. Beim zweiten Mord in Frankreich 1944 muss er sich schon mehr anstrengen. Dort herrscht soviel „Ordnung“, dass er sich einen Sündenbock beschaffen muss. Erst mit dem missglückten Attentat auf Hitler bekommt Tanz wieder die von ihm so geschätzte Allmacht, die es ihm auch erlaubt, Grau ohne große Diskussionen umzubringen. Beim dritten Mord 1965 in Hamburg ist es mit der Nazi-Allmacht vorbei. Das Nachkriegseuropa engt seine Freiheit ein und bringt Tanz recht zackig zur Strecke.
Der Film touchiert die Gewaltherrschaft in Polen nur, um sich vor allem auf das Umfeld des 20. Juli zu stützen. Hier fällt auf, dass der Film ein recht differenziertes Bild von deutschen Offizieren, aber auch der Resistance zeichnet. Er durchläuft auch sehr glaubwürdig die Nachkriegszeit und stellt durch seine unterschiedlichen Erzählebenen Krieg und Nachkriegszeit als positive Entwicklung zum friedlichen Europa dar. Obwohl der Film durchweg militärisch ist, vermeidet er pathetisches Waffengeklirre (mal Abgesehen von Rommels Ende) und schafft es so, dem Zuschauer das Auge für den Militarismus in Form des Ehemaligentreffen zu öffnen.
Die Story ist extrem spannend erzählt, auch wenn der geneigte Zuschauer schon in Paris weiß, dass Tanz der Mörder ist. Er zieht seine Spannung nicht aus dem klassischen „Wer war’s“, sondern aus der Frage, ob tanz noch überführt wird. Die Karten dafür sehen spätestens nach dem Tod von Grau sehr schlecht aus.
Aber die Story ist nicht das Beste an dem Film, sondern die schauspielerischen Leistungen. Während Charles Gray und Donald Pleasence als die mitverdächtigten Generäle schon Außergewöhnliches leisten, ist Omar Sharif für meinen Geschmack nie besser gewesen. Die Mischung aus Mission und Weitsicht bringt er sehr überzeugend rüber. Und kann sich trotzdem nicht mit der Darbietung von Peter O’Toole messen. Dessen dargebotener Wahnsinn ist außergewöhnlich. Bei der Besichtigung des Gemäldes von van Gogh gibt er so überzeugend den Durchgeknallten, dass selbst Klaus Kinski vor Erfurcht erbleichen müsste. Er flankiert sein Spiel mit kleinen Gesten und Körperhaltungen, die man nur sehr selten geboten bekommt (wo zum Teufel hat er gelernt, den Übermenschen und zerbrechlichen Trinker in einer Person so perfekt darzustellen – Zweifel an O’Tooles Lebenswandel erscheinen angebracht). Wer auch immer 1966 den Oscar als männlicher Hauptdarsteller bekommen hat, er hat ihn nicht verdient…
„Die Nacht der Generäle“ ist ein unbequemer, spannender und sehr gut gemachter Film, der keine andere Bewertung als die vollen 10 Punkte verdient hat. Schade, dass solche Ausnahmestücke so selten produziert werden.