Michael Oblowitz war ja nie ein toller B-Regisseur, doch nach seinem Frühwerk „Ohne Gewissen“ kann man als Zuschauer Filme wie „The Foreigner“ besser schätzen.
Irgendwie schien man sich hierbei auch nie sicher zu sein, was man denn genau machen wollte: Schräges Kino Marke Tarantino oder brisantes Drama. Ersterem gehört bereits die Anfangssequenz, in welcher die vierjährigen Zwilling Marty und Carol Lakewood mit ansehen müssen, wie ihr Vater bei einem Schäferstündchen mit der Nachbarsgattin erwischt wird und den man in Notwehr tötet. Es ist blutig, es ist absurd und steht klar in der Tradition von Quentin T, auch wenn dessen Witz hier fehlt.
30 Jahre später sind die beiden erwachsen und voneinander getrennt. Doch als Marty (Billy Zane), inzwischen Klatschreporter, nach einer brisanten Enthüllungsstory fliehen muss, versteckt er sich bei Carol (Gina Gershon), die als Prostituierte arbeitet. Zwischen den beiden flammen inzestuöse Neigungen auf und beide versuchen gemeinsam zu Geld für ein besseres Leben zu kommen…
Somit entspinnt sich ein reichlicher lahmer Thriller voller Pseudotabubrüche: Inzest wird stets nur angedeutet, nackte Haut gibt es stellenweise zu sehen, aber schocken wird dies den europäischen Zuschauer kaum. Dem fällt stattdessen auf, dass hier fast nichts passiert und sich Langeweile breitmacht. Die paar Intrigen und Verbrechen werden nur aneinander gereiht, aber eine echte Handlung sucht man vergebens. Zudem verhalten sich die Charaktere teilweise komplett irrational: Marty behandelt die Polizistin Lois Archer (Sheryl Lee) z.B. wie Dreck und trotzdem verfällt sie ihm sinnloserweise, aber das Handeln der meisten anderen Charaktere ist nicht unbedingt nachvollziehbarer. Da helfen die paar Überraschungen (u.a. die Wende mit Lois’ Bruder am Ende) der Geschichte auch nicht viel weiter, denn meist langweilt sie nur.
Vergeblich versucht Oblowitz diese Öde mit Tarantino-Style zu überdecken, der zudem eh unpassend wirkt: Schräge Kamerawinkel und ein paar groteske Gewaltszenen erinnern klar an das große Vorbild, nur zerstören sie den letzten Anflug von Ernst in dem Geschwisterdrama. Da helfen auch die blutigen Einschüsse nichts, die zwar groß in Szene gesetzt werden, aber keinen interessieren, da es sich um keinen Actionfilm handelt.
Immerhin schauspielerisch ist nicht alles verloren, denn Gina Gershon und Billy Zane sind zwei talentierte Darsteller, die sich auch hier redlich Mühe geben. Gegen das schlechte Script können sie zwar nicht anstinken, aber den Rest der Besetzung stechen sie mit links aus.
Unterm Strich ist „Ohne Gewissen“ ein einziger Langweiler, der vor allem an der fast nicht existenten Story scheitert. Trotz guter Darstellerleistungen und ein paar netter optischer Ideen ein ziemliches Ärgernis.