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Kapelle des Anstands

Kommt ein Schwarzer in einen kleinen Orden voll weißer, katholischer Nonnen mit deutschsprachigen Wurzeln an der Grenze zu Mexiko und baut für sie eine kleine Kapelle - was klingt wie der komplizierteste Witz aller Zeiten, entpuppt sich als leichtfüßige Komödie mit dramatischen Untertönen über Vorurteile, Glauben, Nächstenliebe und dem Kampf mit dem guten Gewissen. Ein echter Klassiker, der sich prächtig gehalten hat und noch immer jede noch so trübe Laune verbessert.

Poitier spielt den zunächst auf der Durchreise befindlichen Homer Smith extrem glaubwürdig, vielseitig und sympathisch. Kein Wunder, dass da auch die Academy selbst in den strengen frühen 60ern nicht drüber wegsehen konnte. Vor allem sein köstliches Zusammenspiel mit der extrem strengen, obersten Ordensschwester ist ein funkensprühendes Highlight. Ihre rabiate Beziehung ist tiefgehender als man meint, was einem spätestens in der emotionalen letzten Szene schlagartig bewusst wird. Die Nonnen sind süß und gerade für uns deutsche nochmal irgendwie knuffiger und verständlicher. Respekt an die sonst eher lesefaulen Amis, die die deutschen Passagen ohne Untertitel durchstanden, schon damals. Selten hat ein Film mit religiösen Hintergründen und so vielen menschlichen Aussagen derart wenig gepredigt. Zudem kommt er ohne großartige Vorurteile aus und wenn, dann verpackt er sie charmant bis liebenswert.

Was sind die amerikanischen Werte? Was löst es in einem aus, anderen zu helfen? Wie wichtig ist ein Ziel und eine Beschäftigung und Arbeit? Was kann die Kraft der Gemeinschaft bewegen? Und welche Rolle spielen Glauben und Gott dabei? "Lilien auf dem Felde" kann antworten liefern, aber drängt sich nie auf. Als pure Unterhaltung voller Frische und Liebe funktioniert er ebenso.

Fazit: ein zutiefst humaner und gutmütiger Klassiker vor dem Herrn, der völlig zurecht Poitier den ersten Oscar für einen Schwarzen bescherte und der in der Seele gut tut. Simpel und selig. Amen!

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