Diese deutsche Produktion hat ja ganz große Promotion erhalten, ging dann aber anscheinend doch unter. Sicher mag dies vor allem an der Thematik des Films liegen, aber auch an der Art und Weise, wie der Film vor allem im TV promotet wurde. Denn da sah man meist nur Ausschnitte von den 1. Mai . Demonstrationen in Berlin – Kreuzberg und die damit verbundenen Ausschreitungen. Allerdings haben jene im Film an sich, nicht die Gewichtigkeit, wie es der Zuschauer während der ausgestrahlten Sendungen zum Film wahrgenommen hat. Sicher hat dies auch viele abgeschreckt. Denn auch auf mich hat der Film eher den Eindruck eines Filmes über Punker, Ausschreitungen und Demonstrationen gemacht. Was im Gegensatz zu dem doch recht tiefgründige Film, den der Betrachter letztendlich zu sehen bekommt, steht. Wahrscheinlich dachte man sich, dass man mit Bildern von Ausschreitungen mehr Leute ins Kino lockt, als mit einem Drama, welches „Berlin – 1.Mai“ letztendlich ist. Und was noch besser ist, der Film ist mitnichten ein schlechtes Zeitdokument geworden. Leider krankt er aber an kleinen Mängeln, die man aber nur erkennt, wenn man selber an solchen Demos beteiligt war und zumindest schon bei Ausschreitungen der Größenordnung „Berlin – 1.Mai“ dabei war. Und so folgt erst einmal eine rein subjektive Betrachtung des Films.
Ich persönlich beteilige mich seit etwa 15 Jahren an großen wie kleinen Demonstrationen der linken Art. (50% der Leser hab ich jetzt sicher verloren :-) ) Aus den Erfahrungen dieser Jahre kann ich sagen, dass solche Beziehungen und Vorkommnisse wie sie in diesem Film gezeigt werden, eher unwahrscheinlich sind. Hier mangelt es einfach an Glaubwürdigkeit, das eben diese Charaktere, wie sie hier gezeigt werden, im wirklichen Leben, aufeinander treffen. Existieren können sie allerdings schon. Denn als separate Individuen, kommen die Charaktere beim Betrachter schon als überzeugend an.
Der Polizist, der gerade von seiner Frau betrogen wurde, die beiden Randale – Touristen, die in Berlin von einem Fettnäpfchen ins nächste tappen oder die herum irrende Punkette (obwohl hier schon verdammt viele Klischees in diese Figur gepackt wurden), der alternde Kommunist, der seine Ideale immer noch aufrecht erhält, sowie die am Randgeschehen beteiligten Türken – sie alle können durchaus so existieren. Nur halte ich es für zweifelhaft, dass diese Personen bei einem solchen Ereignis auch in dieser Form aufeinander treffen.
Nun könnte man beim Betrachten des Films auch noch zu dem Schluss gelangen, das alle Figuren vor Klischees nur so stinken. Das stimmt nur zum Teil. Denn was man hier als Klischee betrachten könnte, sind einfach nur Charaktere, wie sie mir zumindest, des öfteren begegnen. Vor allem der alternde Kommunist ist hervorragend gezeichnet. Auch die beiden jugendlichen Demo-Touristen, wissen in ihrer unbeholfenen Art zu überzeugen.
Das große Problem des Films bleibt aber die Glaubwürdigkeit im ganzen, die Beziehungen der Personen untereinander und auch das Erlebte der einzelnen Personen. Das wirkt alles arg konstruiert. Hätten sich die 4 Regisseure darauf konzentriert, die Erlebnisse alle Protagonisten einzeln darzustellen, hätte aus dem Film ein wirklich gutes Dokument eines 1.Mai in Berlin werden können. Das Konstrukt der Beziehungen unter den Personen, macht aber viel kaputt.
Ok. Das liest sich jetzt sicher ganz schlimm. Aber diese Kritikpunkte sind nur ein persönliches Empfinden. Denn beim Versuch einer objektiven Betrachtungsweise des Films, komme ich zu dem Schluss, dass „Berlin – 1.Mai“ einer der besseren deutschen Filme des letzten Jahre ist. Und ich bin nicht wirklich ein großer Freund des deutschen Kinos.
Der Film ist spannend, spritzig, Tempo reich und voller Action. Dazu gibt es eine deftige Ladung Gefühle, Herzschmerz und Einblicke in das Innenleben der Figuren. Hier muss man den Regisseuren ein wirklich gutes Händchen bescheinigen. Auch Aufbau, Dramatik und die Dialoge wissen zu gefallen. Lasse ich für mich also die teilweise wirklich grobe Unglaubwürdigkeit des Gesehenen außen vor, wurde ich über die gesamte Länge des Films gut unterhalten. Der Betrachter darf lachen oder schmunzeln und hier und da auch traurig sein. Der Film ist schon fast ein Wechselbad der Gefühle.
Die Darsteller sind allesamt solide bis sogar als sehr gut zu bewerten. Wobei ich nicht weiß, ob es sich hier um gestandene Mimen handelt, oder eher unbekannte Gesichter, da ich mich wie gesagt im neuen deutschen Film nicht so auskennen.
Fazit: Ein gelungener Film, der, wenn man ihn nicht all zu kritisch betrachtet, auf jeden Fall zu unterhalten weiß und auch Spaß macht.