Ich habs seit Ewigkeiten mal wieder geschafft einen RTL-Zweiteiler durchzuhalten. Normalerweise schalte ich nach einer Stunde ab oder vergesse einfach den zweiten Teil da er mich eh nicht sonderlich interessiert.
Nun stand als das RTL-Film-Event "Das jüngste Gericht" ins Haus. Das es sich hierbei nicht um eine neue Kochshow handelt merkt man schnell. Der bewanderte Cineast wird schnell die Zusammenhänge erraten und kann sich dann voll und ganz auf die Szenerie konzentrieren und das daraus resultierende, fröhliche Filmraten. Denn was RTL hier anbietet ist ein dreist zusammengeklautes Hollywood-Film-Memory geworden.
Das größte Stück hat sich Regisseur Urs Egger bei Finchers "Sieben" und bei "The Davinci Code" geborgt. Dazu fügt sich ein wenig "End Of Days" (hauptsächlich die Kulisse). Wen sowas nicht sonderlich stört, oder jemand die Originale gar nicht kennt, der wird hier seine helle Freude haben. Mich hats jedenfalls genervt. Man hätte die recht interessante Story um einen Killer der nach den 10 Geboten tötet innovativer gestalten können.
Gefallen hat mir vorallem aber Hauptdarsteller Tobias Moretti (Die Schatzinsel, Kommissar Rex) als rauher Polizist Thomas Dorn. Jener spielt sehr überzeugend. Seine Wut- und Gefühlsausbrüche sind sehr nah an der Realität. Kein Over-Acting auszumachen. Ebenso wie bei Christian Redl (Tattoo, Der Untergang, St. Pauli Nacht), den sie schön auf alt getrimmt haben. Überraschenderweise spielt auch ein alter Bekannter seine gewichtige Rolle. Kein Ex-TV-Kommissar, kein Comedian. Nein, der Brite Steven Berkoff (Beverly Hills Cop, Die Krays, Outland, Rambo II). Ich war wirklich überrascht ihn in einer österreichischen TV-Produktion zu sehen. Christoph Waltz (Queens Massenger, Sieben Monde) spielt wie immer unsympathisch aber geradlinig. Die absolute Fehlbesetzung ist allerdings die weibliche Hauptrolle von Silke Bodenbender. Ebenso wie in "Die Schatzinsel" spielt die 32-jährige unglaublich grausam, untalentiert und spricht/heult/schreit so Leinwandunwürdig, das es einem die Nackenhaare aufstellt. Ganz großer Fehlgriff des Regisseurs. Da wäre eine andere Wahl weitaus besser gewesen.
Zugutehalten muss man diesem Zweiteiler, das er für eine 20:15h Primetime-Ausstrahlung doch recht harte Szenen und Dialoge zu bieten hat. Abgetrennte Gliedmaßen, gekreuzigte Menschen, zugenähte Münder, gesteinigte Frauen, Kehlenschnitte und Einschusslöcher. Diese sind auch noch durchaus passabel in Szene gesetzt.
FAZIT:
Objektiv betrachtet ist "Das jüngste Gericht" absoluter Niveau-Bodensatz für jeden ambitionierten Kinogänger. Andererseits kann es dem ein oder anderen auch Freude bereiten einen Österreicher durch Wien stackseln zu sehen, wobei er einen Mord nach dem anderen aufzuklären versucht. Nun, ich nehme von beidem ein bischen und gebe aufgrund einiger guter Sequenzen und eines passablen Hauptakteurs...
4/10 Punkten