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Charlotte Rampling scheint ja auf die - nun ja - seltsameren Rollen abonniert zu sein. In "Max mon amour" hat sie einen Schimpansen als Liebhaber und Lebensgefährten, "Zardoz" ist auch ein eher seltsamer Film, dann gab´s noch "Orca, der Killerwal" - Schwamm drüber! - , aber bekannt geworden ist sie in dem Skandalstreifen "Der Nachtportier" (Blowjob mit Nazi-Offizier). Apropos Skandalstreifen. Die zweite Hauptdarstellerin heißt Myriem Roussel, ist vielleicht nicht so bekannt, war aber im Mittelpunkt eines Kulturkampfes, als sie in Godards "Je suis salue, Marie" als Schwangere eine moderne Jungfrau Maria spielte. Warum sie für diese Rolle ausgewählt wurde, war offensichtlich: ihr engelsgleiches unschuldiges Gesicht mit den immer weit geöffneten Augen.
Also das sind die beiden Hauptdarstellerinnen von "Schönheit und Trauer", die auf dem Videocover eng umschlungen halbnackt zu sehen sind. Dazu kommt Andrzej Zulavski, der polnische Regisseur, dessen - ja, wieder - Skandalfilm "Die öffentliche Frau" zu meinen Lieblingsfilmen zählt, der aber in diesem Film hier als Schauspieler sich versucht.
Der französische Film, den ich als griechische Version (allerdings Originalton) habe, basiert auf einem Roman des Japaners Yasanuri Kawabata ("Die schlafenden Schönen", "Tausend Kraniche"), und da sind wir endlich beim Grund warum ich mich für den Film überhaupt interessiert habe, denn das Buch hatte mich sehr beeindruckt. Allerdings spielt der Film nicht in Japan, was schon seltsam ist, da im Original die Neujahrsglocken des berühmten Tempels von Kyoto eine wichtige Rolle spielen. Okay, am besten vergißt man ohnehin den Roman, da die japanische Ästhetik sich einfach nicht in einen französischen Art-Erotik-Film überführen läßt.
Aber jedenfalls trifft der Schriftsteller Hugo (Zulawski) zum ersten Mal nach langer Zeit seine frühere Geliebte Lea (Rampling), die inzwischen eine erfolgreiche Bildhauerin ist. Vor zwei Jahrzehnten hatte der Mann die nur 16-jährige verführt und sitzengelassen, worauf diese eine Fehlgeburt erlitt und fast wahnsinnig wurde. Nun lebt sie mit einer fast ebenso jungen Verehrerin und Schülerin Prudence (Roussel) zusammen und diese unternimmt es, Martin, den Sohn des Schriftstellers, zu verführen, und dann Hugo selbst, um sich für seinen früheren Verrat zu "rächen". Aber die Wahrheit wird deutlich: Prudence ist eifersüchtig, weil Lea noch immer Hugo, ihre erste Liebe, liebt, und will diese durch ihre Verbindung mit Martin eifersüchtig machen. Der Film (stärker als das Buch) ist mehr über die Liebe zwischen Prudence und Lea, als über die eigenartige Verbindung zwischen Lea und Hugo (und Prudence und Martin, und Hugo und seine Frau). Prudence schläft mit Hugo in einem Hotelzimmer, aber sie gibt sich nicht hin, es ist mehr wie eine Vergewaltigung an ihm oder vielleicht ein Duell - und beide denken nur an Lea! Es wird deutlich daß Prudences Rachefeldzug alle zerstören wird.
Roussel ist für die Rolle des Engels/Racheengels perfekt, Rampling vermag die gekränkte Schönheit sehr gut zu verkörpern und der Nicht-Schauspieler Zulawski hält sich tapfer. Martin (welcher Schauspieler das ist, weiß ich nicht) bleibt blaß.
Die Bilder sind französische Kunstfilmbilder. Die erste Einstellung zeigt die nackte Rampling beim Einpudern ihres Körpers. Die selbe Szene folgt eine Stunde später, nur diesmal ist es Roussel die sich einpudert, während sie Sätze aus dem Roman zitiert, den Hugo über seine Affäre mit Lea inzwischen veröffentlicht hat. Sehr ästhetisch, aber alles ein bißchen langweilig. So bleibt es dann auch, ob die Szenen auf dem Bahnhof, in einem Bistro - wo man Jahreswechsel feiert - , oder hingesunken in der Wildnis spielen. Übrigens besuchen Prudence und Martin einen japanischen Park in Paris, aber wer vom Roman nichts weiß, wird nicht wissen warum. Schön ist das Bearbeiten des Steins durch die Künstlerin gezeigt, auch wenn die beiden fragilen Frauen nicht wirklich als Bildhauerinnen zu überzeugen vermögen...
Ein wirklich störendes Ärgernis ist manchmal die unglaublich aufdringliche Musik, dann wieder erklingen kitschige Chöre, die schon peinlich sind. Außerdem merkt man allen Beteiligten im Laufe des Films immer mehr an, das Bemühen einen künstlerisch wertvollen, aber doch erotisch sein wollenden FIlm abzuliefern. Und das darf man eben nicht merken, wenn er es sein soll. Trotzdem scheint es mir unverständlich, daß der Film so völlig vergessen zu sein scheint, schlechter als andere vergleichbare und bekanntere französische Filme der Achtziger ist er nämlich nicht.





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