Tja, es ist einer dieser Filme, die Mann sich eigentlich nicht freiwillig anschaut... und auch ich hab´s lange, lange Zeit nicht getan. Aus `ner Laune heraus hab ich einem der prominentesten Kitsch-Märchen der neueren Zeit dann doch mal eine Chance gegeben (und das sogar allein, ohne Freundin! ;-) ). Das Resultat ist dann durchaus wechselhaft ausgefallen.
Denn anfangs muss ich sagen, dass ich von dem Film ganz angenehm überrascht war! Sicher, alles ist natürlich von A bis Z so seicht, wie man es erwartet - da man sich aber von vornherein darauf einstellt, ist das nicht unbedingt schlimm. Und die erste Hälfte ist wirklich sympathisch. Die Dialoge sind durchaus treffsicher, und auch die beiden Hauptdarsteller kommen sympathisch rüber (sogar Julia Roberts, obwohl ich die normalerweise nicht ausstehen kann ;-) ). Die Geschichte ist natürlich meilenweit hergeholt, aber die Umsetzung ist ganz nette Unterhaltung, die sogar die schlimmsten Fehler des Genres zu vermeiden weiß (so hüpft der gute Edward beispielsweise auch wirklich mit Vivian in die Kiste, anstatt -ganz Gentleman- nur mit ihr zu reden). Allerdings, wie gesagt, eben nur in der ersten Hälfte...
Danach geht´s langsam aber sicher bergab: das fängt schon mit den ersten ach so traurigen Vergangenheitsgeschichten der Hauptpersonen an, die sie nach und nach zum Besten geben müssen. Da gibt´s Klischees satt - etwas, was zuvor gar nicht mal so stark ausgeprägt war. Als dann Vivian auch noch von ihrem furchtbar schweren Beruf erzählt, werden natürlich alle Rotlichtmilieu-Klischees aufgewärmt (wenigstens in so nem Film könnte doch eine Prostituierte mal ihren Job nicht gleich unglaublich schlimm finden ;-) ).
Den Todesstoß versetzen die Drehbuchautoren dem Film dann in der letzten halben Stunde (ach Gott, wie oft musste ich das jetzt schon bei einem Review schreiben ;-) ). Man könnte jetzt meinen: "Klar, da wird´s dann eben richtig kitschig!" - Fehlanzeige: Kitsch ist nicht das Problem, meiner Meinung nach ist "Pretty Woman" gar nicht mal wirklich kitschig (bis auf die Schlussszene vielleicht - aber selbst die dürfte nicht mal bei Frauen für Taschentuch-Alarm sorgen). Nein, es sind komplett überflüssige Mega-Klischee-Szenen wie die versuchte Vergewaltigung Vivians durch Edward´s Kollegen und ihre ach so heldenhafte Rettung durch Edward, die den Film gewaltig runterziehen. Gerade diese Szene ist ein dermaßen dämliches Klischee, dass sie für mich das mit Abstand größte Ärgernis des Films darstellt - nicht der Kitsch.
Schwamm drüber: ohne die letzte halbe Stunde wäre "Pretty Woman" ein durchaus sympathisches Märchen gewesen - sicherlich nicht meisterlich, aber eben ganz okay. So aber empfinde ich ihn grade noch so als Durchschnitt.