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Man merkt "The Man who wasn't there" ganz deutlich an, dass die Coens zeigen wollten, dass sie sich noch längst nicht von dem Kommerz korrumpiert haben lassen. Zeugten zwar ihre letzten beiden Werke, "The Big Lebowski" und "O Brother, Where Art Thou?", vollends von ihrer Genialität, schienen sie doch im Gegensatz zu früheren Filmen allzu Gefällig für das Mainstreampublikum geworden sein. "The Man who wasn't there" ist zu Anfang eine typisch Coensche Komödie. Kleine Details die den aufmerksamen Zuschauer mit einen Einblick in ein mannigfaltig ausgestatteten Mikrokosmos einer Ehe belohnten, herrlich lakonische Dialoge und ein Billy Bob Thornton, der eher "Armageddon 2" drehen würde, anstatt nur einmal mit der Wimper zu zucken. Aber irgendwie spielen die Coens diesmal arg mit unseren Erwartungen.

Sie setzen uns eine wirklich fantastische Hauptfigur vor. Der Friseur Ed Crane tristet als gelangweilter Ehemann und chronischer Soziopath sein Leben dahin. Seine Frau, die Verkäuferin (mal wieder herrlich überspitzt: Frances McDormand), gibt lieber kleine, spießige Dinerparties und scheint sich mit ihrem Chef, Dave, eingelassen zu haben. Ed weiss das, erpresst Dave, um damit in das Geschäft der chemischen Trockenreinigung einzusteigen. Das alles hört sich arg nach "Huduscker" meets "Big Lebowski" an - und wir freuen uns auf eine sehr lustige Verquickung beider großartiger Filme.

Doch mit der Mitte, schwenkt der Film plötzlich in eine ganz andere Richtung. Die Komik ergibt sich nicht mehr allzu offensichtlich aus den kuriosen Situationen, noch von den gut gezeichneten Figuren. Sie ist nun vielmehr Produkt der all vorherrschenden Tragik der Hauptfigur, die nach 70 Minuten einen eigenartigen Selbstfindungsprozess durchmacht. So wird aus der ironischen Hommage an die 50er Jahre plötzlich ein düsterer Psychokrimi, in dem Ed Crane immer weiter in ein höllisches Leben abdriftet. Die Erlösung ist dann zwar wieder recht lustig, aber dennoch ziemlich nachdenklich und ungewohnt pessimistisch gehalten.

So entfalten die Coens diesmal ein ziemlich schweres Stück Kino. Denn neben optischen Relationen zu Fifties-Klassikern wie "Die Nacht des Jägers" oder "Psycho" zeigen sie uns, wie einsam und wie simpel dumpf das Leben doch sein kann. Und dass die Hoffnung keinesfalls darin besteht, irgendwann mal Glück zu haben. Ed Crane zumindest nicht. Wer sich 110 Minuten auf die schwere, nicht im geringsten der klassischen Drehbuchstrukturen folgende Geschichte konzentrieren kann, dem eröffnet sich am Ende dann ein kleiner Mikrokosmos (ein oft verwendetes Wort in Verbindung mit den Coens) voller Frisuren, Tristesse und Hoffnung. "The Man who wasn't there" ist mit Sicherheit einer der ungewöhnlicheren Filme der Coens. Aber leider auch einer ihrer sperrigsten.

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