Eigentlich ist es ja nur folgerichtig, dass nach all den Revivals der guten, alten Helden von John McClane bis Rambo auch Indiana Jones sein Comeback erleben darf. Wie bei eben genannten, hielten sich im Vorfeld Skepsis und Vorfreude die Waage, und auch das Urteil fällt im Nachhinein ähnlich aus: Ordentlich, aber eine Wiederbelebung der Franchise war bei dem Ergebnis nun wirklich nicht zwingend notwendig.
Spielberg gibt sich von Anfang an Mühe, sowohl Fans der alten Trilogie, als auch die neue Generation zufriedenzustellen. Gleich die erste Einstellung ist eine schöne Reminiszenz an den Einstieg von "Raiders of the lost Ark", wenig später erklingt John Williams' Bundesladen-Thema und erzeugt die erste Gänsehaut. Immer wieder wird es solche Anspielungen auf die alten Filme geben; dieses Kokettieren mit dem Nostalgiefaktor zaubert einem immer wieder ein Schmunzeln aufs Gesicht, gerade wo mit zunehmender Filmdauer die Unmöglichkeit des Unterfangens, einen gleichwertigen vierten "Indy" abliefern zu wollen, immer deutlicher wird.
So ist es fast bezeichnend, dass sich das klassische Indy-Feeling, wenn überhaupt, nur in der ersten Stunde ab und zu einstellt, obwohl man sich hier in den Fünfzigern befindet, wo doch alle Teile vorher um den Zweiten Weltkrieg herum spielten. Doch an die Kommunisten als neues, comichaft überzeichnetes Feindbild hat man sich schnell gewöhnt, und was viel wichtiger ist: Spielberg ist einfach ein guter Regisseur, der in der Lagerhallenszene oder bei der Verfolgungsjagd in London einfach ein Gespür für Timing und Tempo besitzt, der Rasanz übermitteln kann, ohne in die Unübersichtlichkeit und Hektik eines modernen Blockbusters der Marke "Jason Bourne" zu verfallen. In den besten Momenten blitzt dieses Können wieder auf, das die LKW-Verfolgung in "Raiders...", die Lorenfahrt aus "Temple of Doom" oder sämtliche Actionsequenzen des dritten Teils so unvergesslich machte. Ford spielt lässig wie eh und je, und ist scheinbar keinen Tag gealtert. Pointierten Dialogwitz und aus dem Ärmel geschüttelte Oneliner inklusive!
Doch ausgerechnet, als das Abenteuer in Peru so richtig beginnen soll, begeht vor allem das Drehbuch haarsträubende Fehler. Anstatt das kurze Intermezzo im Amazonas-Camp dafür zu nutzen, den neuen Franchise-Figuren um Blanchett, LeBoeuf, Winstone (der gefühlte zehnmal die Seiten wechselt) und Hurt etwas Profil zu verpassen, kommt hier die hanebüchene Story um den Kristallschädel langsam in Gang. Indys Begegnung mit dieser Reliqiuie und ihrer Fähigkeiten wirkt eher befremdlich, denn bedrohlich, und über den verrückt gewordenen Professor Oxley schüttelt man eher den Kopf, anstatt sich über ihn zu amüsieren. Geschweige denn, ihn sympathisch zu finden. Auf jeden Fall findet sich weit und breit keine Person der Marke Marcus Brody oder Sallah, welche vorangegangene Teile so unverwechselbar und einmalig machten. Karen Allen, deren Karriere seit Jahren auf Eis liegt, zu casten, wirkt da schon fast wie ein Akt der Verzweiflung, eine Sympathieträgerin neben Ford in die Gegenwart hinüberzuretten. Doch vergleicht man die Marion Ravenwood mit der von vor knapp dreißig Jahren, ist da jegliches Feuer und viel von der Chemie zwischen Jones und ihr verschwunden.
Die Treibsandszene ist für Fans freilich noch einmal ein Schmankerl, wo nebenbei noch die Verwandtschaftsverhältnisse geklärt werden können, die man sich aber eh schon zusammengereimt hat. Die anschließende Hatz durch den Dschungel hat zwar wieder den nötigen Drive (und erinnert beim Degenkampf stark an "Fluch der Karibik 2"), jedoch fällt hierbei der übermäßige CGI-Einsatz zum ersten Mal negativ ins Gewicht, weshalb auch die an und für sich nicht schlechten Szenen mit den Killerameisen weniger bedrohlich erscheinen, als gewollt. Über LeBoefs Johnny-Weissmüller-Gedächtnis-Einlage legt man dann aber am Besten den Mantel des Schweigens, ebenso über Marions Flucht nach vorne eine Schlucht hinunter. Das anschließende Treiben über die Wasserfälle ist sicherlich nett anzusehen, hat man aber vor 25 Jahren im zweiten Teil schon in ähnlicher Form mit einem Schlauchboot bewundern dürfen.
Den folgenden Showdown muss man leider als grob fahrlässig bezeichnen, denn es gibt weder Futter für die Augen (Blanchetts Abgang ist geradezu erbärmlich getrickst), noch fürs Hirn. Letzteres muss Spielberg in solch einem Film zwar gar nicht liefern, aber die Verwirrung bei fast allen Zuschauern im Kino war doch fassbar. Die Bezeichnung "konfus" für all das, was ab dem Eintritt in die Kammer mit den Kristallschädeln passiert, ist fast schon untertrieben. Einen runden Abschluss findet Spielberg mit seinem kitschigen Ende ebenso wenig, außer er wollte mit der letzten Szene die Prüderie und klinische Reinheit der 50er aufs Korn nehmen. Ein Augenzwinkern ist aber leider nicht zu erkennen, sodass im Nachhinein ein eher zwiespältiger Eindruck bleibt.
Sicher, Spielberg liefert einen für die Maßstäbe des modernen Hollywood soliden Film ab, der die Verehrer der alten Filme nicht komplett vergrault, und auch die Halbwüchsigen mit iPod-Nano eine Reihe vor mir gut unterhalten hat. Aber die werden nie wissen, wie es ist, mit neun Jahren am Samstagabend einen Film namens "Jäger des verlorenen Schatzes" auf Sat.1 für sich zu entdecken - grausam gekürzt zwar, und im falschen Bildformat - nur um die Wiederholung am Sonntagmorgen gleich nochmal anzusehen, was bei diesem vierten Teil unmöglich erscheint. Ob das jetzt wirklich an der Qualität liegt, oder einfach nur daran, dass man halt älter wird, mag ich allerdings auch nicht entscheiden. Wahrscheinlich stimmt beides ein bisschen...