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Die erste Einstellung zeigt uns, begleitet von harmonischer Klaviermusik, ein Foto einer fünfköpfigen Familie; alle lächeln und erwecken einen vollkommen glücklichen Anschein. Langsam zoomt die Kamera auf Dawn (Heather Matarazzo) heran, die Hauptperson dieses Teeniedramas.

Dawn durchlebt die Pubertätshölle in vollen Zügen. "Warum hasst du mich?" fragt sie einmal eine Mitschülerin, die sie am WC terrorisiert und diese antwortet: "Weil du hässlich bist!"
So simpel können die Dinge auf einer amerikanischen Junior High School sein: Man hat eine schreckliche Brille auf, vorstehende Zähne, ein - vorsichtig ausgedrückt - nicht gerade hübsches Gesicht; und, so weit wie es Dawn tut, würde sich nicht einmal Steve Urkel die Hose raufziehen und das T-Shirt reinstecken.

Ständig wird Dawn von allen fertig gemacht: Mitschüler, Lehrer; aber auch von den Eltern und ihren viel beliebteren Geschwistern kriegt sie ordentlich ihr Fett ab.
Doch Dawn hat genug von alldem: sie hat sich schrecklich in Steve verliebt, den Sänger der Garagenband ihres Bruders. Der ist wenigstens der Einzige, der ein bisschen mit ihr plaudert, allerdings auch schon gut 5 Jahre älter und ein Weiberheld, was diese Liebesangelegenheit für Dawn wiederum ins Reich der Teenie - Phantasien abdriften lässt.
Der zweite Junge, mit dem Dawn intensiveren "Kontakt" hat, ist der aggressive Brandon. Zunächst droht der Bursche sogar, sie zu vergewaltigen, doch anstatt dessen kommt es zu einer herrlich skurrilen und bewegenden Szenerie, die so typisch für diesen tragikomisch - realistischen Stil des Regisseurs und Autors Todd Solondz ist: Brandon befiehlt Dawn sich auszuziehen, damit er sie vergewaltigen kann; diese scheint sich zunächst kurz zu wehren, beginnt dann aber zu tun, wie ihr geheissen. Sofort ändert sich alles: der zuvor so bedrohlich wirkende Brandon wird plötzlich als genauso unsicherer, verstörter Teenager entlarvt, der Dawn flüchtig zu küssen beginnt und ihr so seine Zuneigung zeigt...
Eine unglaublich beeindruckende Szene, in der Solondz' Stärken perfekt zur Geltung kommen: "Welcome to the Dollhouse" ist ein Teenie - Film, wie es nur wenige gibt; so realistisch wie es nur das Leben selbst sein kann: nüchtern, beschissen und doch ständig faszinierend und spannend.

Natürlich gibt es in diesem Film auch keine Zukunft für Dawn und Brandon und auch auf ein Happy-End wartet man (zum Glück!) vergeblich, obwohl der Zuseher am Ende schon zu glauben meint, dass Dawn endlich mal gross im Rampenlicht stehen darf. Denkste. Einmal das Arschloch, immer das Arschloch. So in etwa lässt sich der Schluss dieses Films interpretieren. Keine schöne Botschaft, aber es liegt verdammt viel Wahrheit drin. Und zumindest der Konsument von Dawns Geschichte ist während dieser tollen 90 Minuten zu ihrem Freund geworden und das kann ja auch ein schöner Trost sein...

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