Der 12-jährige Oskar ist ein Außenseiter, der in der Schule drangsaliert wird und sich in seiner Einsamkeit immer weiter in Rachefantasien verliert. Dies ändert sich, als er die junge Eli kennen lernt, bei der es sich ebenfalls um eine gequälte Seele handelt. Dann muss Oskar jedoch feststellen, dass es sich bei Eli um einen Vampir handelt und, dass sie in Verbindung mit einer Mordserie in seiner Umgebung steht, was der Beziehung der beiden jedoch keinen Abbruch tut.
Ein Film aus dem Nichts. Basierend auf dem Roman von John Ajvide Lindqvist, der sein Werk für den Film selbst adaptierte, verfilmte der, außerhalb von Schweden leidlich bekannte Thomas Alfredson mit gänzlich unbekannten Darstellern und einem sehr begrenzten Budget dieses Vampir-Drama, das schließlich, nach dem Gewinn zahlreicher nationaler und auch internationaler Filmpreise ein echter Geheimtipp wurde, woraufhin es beinahe übergangslos zu einer Art Kultfilm avancierte. Und diese Beachtung und Würdigung hat das kleine Meisterwerk definitiv auch verdient.
Zunächst einmal wird mit "So finster die Nacht" ein überaus gelungener und atmosphärisch dichter Horrorfilm geboten. Die eisigen, düsteren, schneebedeckten Kulissen Schwedens, die oft und ausgiebig in Szene gesetzt werden, die triste Stimmung, die durch die Stille, die wiederum nur selten durch Dialoge oder den ruhigen, melancholischen Score unterbrochen wird, all dies sind Faktoren, die die bedrückende, dichte, meist auch sehr triste Atmosphäre erzeugen, die von Anfang an besteht und durchaus zu fesseln vermag. So benötigt der Horrorfilm weder ausgiebige Splatter-Orgien, noch Action-Sequenzen, um die Anforderungen an einen guten Genrefilm zu erfüllen.
Aber "So finster die Nacht" ist mehr als ein Horrorfilm, es ist auch ein Außenseiter-Drama und eine Liebesgeschichte zweier Jugendlicher, die im Grunde nur einander haben. Und dieses Drama gelingt ebenfalls hervorragend. Angefangen bei der Charakterkonstruktion, bei der sowohl Oskar, der für sein Alter relativ kleine, schmächtige Jugendliche, der in der Schule geärgert und gedemütigt wird, keinen Gesprächspartner hat, mit dem er sich aussprechen könnte, weswegen er bei Nacht und Nebel seine Rachefantasien auslebt, ohne den Mut aufzubringen, sie im Endeffekt wirklich in die Tat umzusetzen, als auch die junge Eli, die aufgrund ihres Vampir-Daseins nicht altert, ebenfalls sehr einsam ist, was sich noch verschlimmert, als ihr Begleiter und Ernährer stirbt, vom Hunger auf Blut getrieben wird, ohne jedoch sonderlich gern zu töten, tief konstruiert werden, bis hin zur langsamen und getragenen Inszenierung der Geschichte, die kaum emotionaler und mitreißender sein könnte, gelingt das Drama hervorragend. Dabei glücken Alfredson, vor allem zum Ende hin, zahlreiche kraftvolle, aber auch bedrückende Momente, wobei keinerlei Seelenkitsch oder Ähnliches aufkommt.
Der Spagat zwischen den beiden Ansätzen gelingt dabei ebenfalls hervorragend. Es gibt einige Schockmomente, die sind aber spärlich genug dosiert, dass sie dem Drama nicht schaden und auch einige brutalere Splatter-Szenen sind durchaus vorhanden, sind aber ganz klar der Story untergeordnet, wirken zu keinem Zeitpunkt fehl am Platz und erwecken nie den Eindruck, dass es Alfredson auf Blut und Gedärme abgesehen hätte, ganz im Gegenteil, sie passen sehr gut in das triste, düstere Horror-Drama, das sowohl narrativ, als auch audiovisuell sehr stark inszeniert ist.
Und auch die beiden schwedischen Nachwuchsdarsteller wissen zu überzeugen. So spielt Kare Hedebrant mit seiner zurückgezogenen, sympathischen und durchaus mitleidserregenden Art den jungen Oskar sehr stark, während Lina Leandersson mit einer grandiosen Leistung noch länger im Gedächtnis bleibt. Die talentierte Nachwuchsdarstellerin stellt in ihrer ersten Rolle alle Facetten ihrer Figur rundum überzeugend dar, so ist sie als junger Vampir auf Beutezug beinahe beängstigend, als einsamer, trauriger Teenager ebenfalls sehr glaubhaft und auch in den gemeinsamen Szenen mit ihrem Filmpartner, in den kraftvollen Momenten, zeigt sie sich von ihrer stärksten Seite.
Fazit:
"So finster die Nacht" ist definitiv ein kleines Meisterwerk und das beste Horror-Drama seit Langem, das sogar die opulente Roman-Adaption "Bram Stokers Dracula" oder "Shadow of the Vampire" in den Schatten stellt. Unter darstellerischen Gesichtspunkten grandios gelungen, atmosphärisch enorm dicht inszeniert, sei der Film, der den Spagat zwischen Horrorfilm und Drama exzellent meistert, jedem ans Herz gelegt, der ein Werk, das weit über die Genre-Grenzen hinausgeht, sehen will und zu schätzen weiß.
90%