Eine spröde Neufassung der alten Geschichte von der Todgeweihten und ihrem unwilligen Betreuer, die sich anfreunden wird hier von Kenneth Branagh in ein wenig glamouröses Gewand verpackt und trotz seiner erfreulichen Ungeschliffenheit in ein gefühlvolles "Rain Man"-Remake verwandelt.
Typisch britisch inszeniert konzentriert sich die Geschichte beinahe ausschließlich auf seine zwei Hauptpersonen, die beide in einer schwierigen, wenn nicht ausweglosen Situation sind und sich mit der unliebsamen Realität anfreunden müssen.
Dabei fällt Carter als unheilbar nervenkranke Gelähmte der bessere Part zu, den sie mürrisch, rotzig-witzig und trotzdem ungemein lebendig ausfüllt. Ihre hervorgewürgten One-Liner sind gut geschrieben und zum Glück weitestgehend klischeefrei, auch wenn die Story nicht gerade ein Original ist. Carter ist weder ein Tyrann, der im Selbstmitleid ertrinkt, noch die bemitleidenswerte Behinderte, sondern einfach und allein ein Mädchen, daß den richtigen Zeitpunkt für den ersten Sex verpaßt hat, als sie ihn noch haben konnte und deswegen am PC hauptsächlich Porno-Programme schaut.
Branagh, dessen wildwuchernde Flugleidenschaft (obwohl er Künstler und kein Flieger ist) ihn zum Bau eines Wrightschen Luftschiffs antreibt, ist da leider wesentlich diffuser. Seine Probleme rund um sein Leben und den Zusammenbruch, inclusive sein seltsames Verhalten werden nie richtig geklärt, ebensowenig wie die Frage, ob er psychisch krank oder nur in der Midlife-Crisis ist. Treffend heruntergekommen und unrasiert, spielt er gegen alle glatten Hollywood-Gesichter an und wirkt so spröde und zermürbt, daß es eine Freude ist, auch wenn man den Zugang zu seiner Figur leider nie erlangt.
Angefüllt mit gleichermaßen komischen und traurigen Szenen, wirkt der Film beinahe ausschließlich über seine Wortgefechte, kann aber handlungstechnisch durchaus überzeugen, wenn sich auch nicht erschließt, warum Branagh Carter auf keinen Fall entjungfern will.
Eine Schwäche offenbart der Streifen, wenn er mal auf Tempo setzt, denn da scheint der Schnitt das Gezeigte nicht optimal zu unterstützen, doch ein passabler Spannungsbogen rettet die inszenatorischen Mängel über die Zeit. Wunderschön die Flugsequenz am Ende in dem Konstrukt mitsamt erfreulichem Aussparen ewig langer Sterbeszenen.
In der Aussage bleibt der Film bei der individuellen Befreiung aus äußerlichen Zwängen und der Tatsache, daß der Geist frei ist, wenn man ihn läßt.
Ein freundlicher, unprätentiöser Film voller kleiner Wahrheiten und Bissigkeiten, nicht hundertprozentig an der Realität, aber auf jeden Fall zu Herzen gehend. Auch wenn man keine Dramen mit körperlichen Defiziten mehr sehen kann. (7/10)