Wer bereits den Trailer zu „Im Fadenkreuz – Allein gegen alle“ gesehen hat, konnte sich denken, dass man keinen ernstes Machwerk, sondern einen oberflächlichen, aber wahrscheinlich unterhaltsamen Kriegsfilm vorgesetzt bekommt.
Hauptperson ist der Pilot Chris Burnett (Owen Wilson), der in Serbien auf einem Flugzeugträger stationiert ist. Frustriert von der Untätigkeit und dem oberflächlichem Streben nach Frieden, will er bereits seinen Rücktritt einreichen und bei einer privaten Fluglinie anheuern. Dies passt seinem Vorgesetzten Amiral Reigart (Gene Hackman) gar nicht, worauf dieser ihn und seinen Co-Piloten Stackhouse (Gabriel Macht) am Heiligabend auf einen Aufklärungsflug. Gleich am Anfang werden die Fronten geklärt: Burnett ist der typische Jungspund, der lieber fliegen statt verhandeln will und dem das Vorgehen der Armee nicht passt; Reigart ist der alte Haudegen, der mit der Erfahrung reicher geworden ist und den jungen Heißspornen den rechten Weg zeigen will.
Auf dem Flug entdecken Burnett und Stackhouse, dass sich serbische Streitkräfte in einer entmilitarisierten Zone aufhalten und dort Massengräber für ermordete Zivilisten ausheben. Mit ihrer Digitalkamera zeichnen sie das Geschehen auf. Doch ein serbischer Scharfschütze schießt ihr Flugzeug mit ein paar SAM-Raketen ab. Hier bietet sich unerwartet eine der besten und längsten Actionsequenzen des Films. Die komplizierten Flugmanöver bieten Raum für atemberaubende Szenen, die auch noch recht spannend sind, obwohl man weiß, dass der Abschuss vorprogrammiert ist.
Nach der Bruchlandung und der Rettung via Schleudersitz will Burnett das Gelände auskundschaften, während Stackhouse mit gebrochenem Bein am zurückbleibt. Die serbischen Streitkräfte können den Landeplatz jedoch lokalisieren, ermorden Stackhouse und machen Jagd auf Burnett. Als Reigart einen Rettungstrupp schicken will, verbietet ihm der anwesende NATO-Kontrolleur (Joaquim de Almeida) die Aktion, damit die entmilitarisierte Zone nicht verletzt wird. So muss sich Burnett in ein Gebiet durchschlagen, aus dem er abgeholt werden darf...
Mit dieser Grundkonstellation könnte man einen tollen Hetzjagdfilm machen, aber leider versucht „Im Fadenkreuz“ immer wieder dramatische Fetzen einzustreuen. Doch diese wirken eher unbeholfen und besitzen keine Wirkung, da man sowieso einen reinen Unterhaltungsfilm erwartet.
Die Häscher sind Serben aus der tiefen Klischeekiste: Unabhängig von den hilflosen Regierung führen sie das grausame Morden weiter, erschießen hinterrücks Wehrlose und gröhlen Anti-US-Parolen (und verballen dabei jede Menge wertvolle Munition zum Ausdruck ihrer Freude in die Luft). Die restlichen Serben sind natürlich alle gut, aber unterdrückt und leisten bestmöglichen Widerstand gegen die überlegenen bösen Serben.
Gejagt wird Burnett auf zwei Arten: Zum einen wird ihm eine kleine Streitmacht hinterhergeschickt, die ihn mit Ringfahndungen und geballter Feuerkraft aufhalten soll. Zum andern macht sich der Scharfschütze vom Anfang auf die Jagd nach dem Piloten und lauert ihm mit einem Präzisionsgewehr auf. So versucht „Im Fadenkreuz“ Dauerfeuer und Scharfschützenaction zu vereinen.
Die Action ist relativ gut, aber immer sehr kurz und kommt wie nach Zeitplan. Man kann beinahe die Uhr nach dem Rhythmus stellen, in dem die Actionszenen kommen. Wenn dann sind diese meist ziemlich explosiv und wirkt wie eine oberflächliche Variante von diversen (Anti-)Kriegsfilmen. Vor allem der sehr schusshaltige Showdown kann wieder etwas reißen. Leider wird die Glaubwürdigkeit immer so ausgelegt, wie es den Machern gerade passt. So ist es zwar realistisch, dass eine Bodenstreitmacht einem Hubschrauberangriff nichts entgegenzusetzen hat, aber es wirkt wenig überzeugend, wenn die Zielgenauigkeit aller Serben der des Durchschnittsdeutschen an der Schießbude entspricht.
Vermissen tut man den Song „Hey Man, Nice Shot“ aus dem Trailer, welcher eine gute Untermalung für die Action gewesen wäre. Trotzdem bietet sich musikalisch kein dramatischer Orchester-Score, sondern ein Genremix, den man nach dem Kinobesuch bereist vergessen hat.
Nervig ist das Thema Soldatenehre. Wenn Owen Wilson ins Funkgerät schnieft: „Boss, werden sie mich abholen?“ dann trübt das den Unterhaltungswert, da dies dem Großteil der Zuschauer am Arsch vorbeigeht; zumal das soldatische Heldentum im Film heutzutage mehr als antiquiert ist. Nur vom US-Pathos bleibt der Zuschauer glücklicherweise verschont.
Darstellerisch darf man nicht erwarten: Die Rollen sind Stereotypen, von den Darstellern ganz OK rübergebracht werden; vor allem Gene Hackman verkörpert den Typus, den er schon so oft spielte, dass man "Im Fadenkreuz" als Routinemission für ihn ansehen kann.
Insgesamt ist „Im Fadenkreuz – Allein gegen alle“ ein netter Kriegsactioner, dem allerdings eine bessere Story und weniger Soldatenehre gut getan hätten. Reine Unterhaltung, sonst nichts.