Review

Viel Licht, kaum Schatten

Was außer dem einzigartigen "City of God" hat Regisseur Fernando Mereilles noch vorzuweisen? Vielleicht kein weiteres Meisterwerk, doch mit "Stadt der Blinden" mindestens einen packenden Film, der Endzeit, Epidemie und Menschsein mal anders als sonst umschreibt und skizziert. Es geht um eine Stadt (oder sogar die ganze Welt?), die von plötzlicher Lichtblindheit heimgesucht wird. Nach und nach sehen alle nur noch weiß und werden von der überforderten und selbst betroffenen Regierung in Camps gesteckt und allein gelassen. Dort herrscht natürlich schnell Chaos, Hilflosigkeit und die Menschlichkeit wird auf eine harte Probe gestellt...

"Blindness" ist wirklich ein anstrengender, fordernder Film. Emotional, audiovisuell und auch erzählerisch. Doch das Reinfuchsen und Über-sich-ergehen-lassen lohnt sich. Für mich ist der Film sträflich unterschätzt und muss üppig weiterempfohlen werden. Vor allem für alle die Endzeit-Filme mögen, doch sich eigentlich was satt an ihnen gesehen haben. Hier ist ein fieser Twist drin, der einem oft genug in die Magengrube schlägt oder den Boden wegzieht. Ihren großen Anteil daran haben natürlich solche einfühlsamen und genialen Schauspieler wie Mark Ruffalo oder Julianne Moore, die hier physisch wie psychisch bis an ihre Grenzen gehen. Und das diese nicht eng gesetzt sind, weiß man mittlerweile.

Die Stimmung in dem immer barbarischer werdenden Camp ist kaum zu beschreiben. Dreckig, unmenschlich, fast hoffnungslos könnte man meinen. Doch immer wieder schimmert eben diese Hoffnung, dieser Mut und Menschlichkeit durch. Gerade das Finale wärmt so manchen vorangegangen Schock auf. Vielleicht kann man "Blindness" nicht ganz mit einem modernen Meilenstein ala "Children of men" vergleichen, doch ihm gehört viel mehr Respekt und Aufmerksamkeit. Eine exzellente Ergänzung zum Buch ist er ebenfalls. Der Regisseur hat es absolut drauf und es ist schade, dass wir nicht mehr solcher Brummer und speziellen Downer von ihm sehen. Die vielen einprägsamen Weißüberblenden, das aggressive Sounddesign, der körnige Look und es zu schaffen, blinde Leute hungriger, gefährlicher und seltsamer als Zombies erscheinen zu lassen, spricht denke ich genug Bände.

Fazit: außergewöhnliches, weh tuendes und fast schon experimentelles Endzeit-Gemälde, irgendwo zwischen "Contagion" und "Salo, or the 120 Days of Sodom". Oft niederschmetternd und doch voller Hoffnung. Eine unterschätzte Perle, nach der man das Leben vielleicht mit anderen Augen sieht. Hinterlässt defintiv Spuren!

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