Review

Der Titel deutet es bereits an: bei HOME MOVIE, AUTOUR DU ’LIT DE LA VIERGE’ handelt es sich, wie der Titel schon sagt,  um ein home movie, das nicht für eine kommerzielle Auswertung entstand. So wie andere Leute in den späten 60ern ihren touristenfreundlichen Afrikaurlaub mit der hauseigenen Handkamera filmten, so hat es Frédéric Pardo bei einer filmhistorisch wesentlich interessanteren Unternehmung getan. Pardo begleitete Philippe Garrel nach Nordafrika, wo dieser LA LIT DE LA VIERGE drehte, eine eigenwillige Interpretation des Jesus-Christus-Mythos. Dabei ist HOME MOVIE, AUTOUR DU ’LIT DE LA VIERGE’ alles andere als eine Dokumentation der Dreharbeiten geworden. Als Behind-The-Scences-Material auf einer DVD zu LIT DE LA VIERGE verdient Pardos knapp vierzigminütiger Film jedoch trotzdem seinen Platz, da er ebenso radikal und hemmungslos kreativ vorgeht wie Garrel in dem Werk, dessen Entstehung Pardo beiwohnt.  

Pardos Film ist komplett ohne Ton gedreht worden und gleicht mehr einem kunterbunten Mosaik freier Assoziationen als einer kohärenten Schilderung darüber wie die Dreharbeiten verliefen. Tatsächlich erfährt man über Garrels Film, das Team oder sonstige Erlebnisse der jungen Leute in Afrika überhaupt nichts. Alles, was der Film liefert, sind stumme Bilder, in grelle Farben getaucht, die in teilweise äußerst hektischem Tempo aneinandergereiht werden, was, zusammen mit der fehlenden Tonspur, nicht selten an gewisse Filme Stank Brakhages erinnert. Vor allem ließ mich HOME MOVIE, AUTOUR DU ’LIT DE LA VIERGE’ an den Film LA RÉVOLUTION N’EST QU’UN DÉBUT. CONTINUONS LE COMBAT. denken, in dem Pierre Clémenti (der übrigens die Jesusrolle in LIT DE LA VIERGE spielt) wie Pardo auf Sound verzichtet und seinen Film zu einem bunten, faszinierenden, jedoch äußerst elaborierten Bilderreigen werden ließ. Bei Pardo indes gibt es nicht viel zu verstehen. Er zeigt wie das Filmteam orientalische Städte erforscht, vor Moscheen posiert, über Märkte streift, in der Einöde der Wüste zusammensitzt, Drogen konsumiert, und natürlich am Film selbst arbeitet. Nur selten verfremdet er die Aufnahmen, und wenn, dann beschränkt er sich meist darauf, eins oder mehrere Bilder übereinanderzulegen. Vor allem wegen seinen Farben hat mir Pardos Film außerordentlich gut gefallen. Dass der Regisseur eigentlich Maler gewesen ist, merkt man in jeder einzelnen Szene. Rein optisch stellt dieser home movie wohl so einige Großproduktionen in den Schatten, und wenn es dann auch noch immer wieder Tina Aumont ist, die Pardo mit seiner Kamera einfängt und sie in die verschiedensten Farben taucht, dann kann man nur von einem Traum aus Bildern sprechen. 

HOME MOVIE, AUTOUR DU ’LIT DE LA VIERGE’ sollte sich jeder anschauen, dem LIT DE LA VIERGE gefiel oder der sich generell für die Experimentalfilme aus dem Dunstkreis der Zanzibar-Gruppe begeistern kann. Freunde des Mainstreams werden sich allerdings sowieso nicht auf diese Seite und in dieses Review verirren. Bewerten kann ich den Film aus oben genannten Gründen allerdings nicht.

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