Bitte sagt es nicht weiter, aber ich habe mir Mamma Mia! im Kino angeschaut.
Also das war so: eine Freundin meiner Frau wollte gern ins Kino, und meine Frau sagt Klar, ich komme mit! Nun sollte aber der Freund der Freundin auch mit. Der wollte aber nur mitkommen, wenn ich auch mitkomme (er wusste wohl warum), jedenfalls saßen wir plötzlich im Kino unseres Vertrauens, besagte Freundin + 3 Leute, die alles lieber gemacht hätten, als sich einen ABBA-Film anzuschauen... Moment mal, schließlich halte ich mich für einen leidlich neutralen Filmliebhaber, der sich auch genreübergreifend interessiert und auch mal dahin geht, wo es wehtut. Die besten Filmerfahrungen macht man immer noch, wenn man nicht weiß, was einen erwartet, oder wenn man von einem vermeintlich schlechten Film positiv überrascht wird.
Leider traf diesmal nichts davon zu. Mamma Mia! war für uns nur mit Mühe zu ertragen, und das hat nichts mit einer ABBA-Abneigung zu tun. Jeder kennt und mag ABBA, jeder kann die Texte mitsingen (so wie das Mädel, das hinter mir saß), die Songs sind flott und mitreißend, tolle Tanzmusik zu vorgerückter Stunde und allemal anspruchsvoller als der aktuelle Rock-/Pop-Einheitsbrei, den uns das Radio als Hits verkaufen will. Ich bin kein ABBA-Fan, aber als ich neulich einen Themenabend zur Band im TV sah, ließ ich mich problemlos 2-3 Stunden von den 4 Schweden fesseln, ihr Werdegang war interessant, die Musikarragements unglaublich professionell, die Konzertaufnahmen mitreißend, die Trennungsgeschichte pikant und der weitere Weg der 4 mehr als informativ. Dass man ihnen mal 1 Milliarde $ geboten hat, wenn sie nochmal auf Tour gingen, fand ich ziemlich beeindruckend. Aber sie haben es weiß Gott nicht nötig... Aber warum haben sie es nötig, so einen Film zu produzieren? Ein Film zu einem erfolgreichen Musical? Wenn das keine Geldschneiderei um jeden Preis ist, dann weiß ich es nicht. Damit auch jeder, der nicht gern ins Musical geht, wenigstens an der Kinokasse seinen Obolus entrichtet. Flächendeckend und länderübergreifend. Ist ja auch mal ganz schön, wenn sich in den Krisengebieten der Welt die Feinde in den Armen liegen und gemeinsam Super Trouper singen. Perestroika auf Schwedisch...
Zur Handlung: bildhübsche Tochter will ihren bildhübschen Freund auf einer bildhübschen griechischen Insel heiraten, doch sie weiß leider nicht, welcher der 3 bildhübschen Ex-Lover ihrer bildhübschen Mutter ihr leiblicher Vater ist. Also treffen sich alle und ca. 100 weitere bildhübsche Menschen in dem bildhübschen Hotel der Mutter zur bildhübschen Hochzeit, es gibt die üblichen Irrungen und Wirrungen, Sehnsucht, Zorn und Liebe bis zum bilderbuchbildhübschen Happy End. Scheiße, kamen wir uns klein, dumm und hässlich vor... Na gut, so weit so seicht. Aber sie singen. Und keiner hält sie auf. Sorry, aber es ist so unglaublich albern, wenn gestandene Charaktere wie Pierce Brosnan, Meryl Streep, Stellan Skarsgård oder Colin Firth mitten in einem Dialog plötzlich große Augen bekommen und zu Singen und Tanzen beginnen, um schließlich wieder in sich zusammenzusinken und den Dialog zuende zu bringen. Nach dem Motto: "Du Pierce, was ich dir noch sagen wollte The winner takes it all, the loser's standing small..." Unglaublich albern, naiv und auf Dauer blöd.
Wobei ich ja noch froh war, dass die Songs nicht eingedeutscht wurden, wie beim Musical, sondern von den Darstellern nachgesungen, mit deutschen Untertiteln. Dass Meryl Streep singen kann, will niemand bestreiten. Aber Pierce Brosnan kann nicht singen. Ja! Und das ist auch gut so. Ich hätte nie wieder einen Bond-Film mit ihm ansehen können... Ich gebe zu, reine Tanzeinlagen wie Voulez Vous kamen flott und schmissig daher mit guten Tänzern und netter Choreografie. Wie in einem Musical halt. Aber die Songs, die die Handlung voranbringen sollten s.o... Jedenfalls waren wir heilfroh, als wir das Spektakel überstanden hatten...oh nein, der Nachspann. Hier wurden nochmals mehrere Lieder als Schmankerl präsentiert, diesmal mit den Schauspielern im 70er-Jahre-Outfit. Pierce Brosnan in einem hautengen, glitzerblauen Schlaghosenoverall, ausgeschnitten bis zum Bauchnabel...
Ich werde mir nie wieder einen Bond-Film mit ihm ansehen können.