Review
von Leimbacher-Mario
Kirschsaft und Vanilleshake
„Cherry 2000“ ist einer der hochpreisigeren MadMaxploitationern - könnte man zumindest meinen bei dem Poster, der Handlung und der Besetzung. Im Grunde ist er aber schon etwas mehr als das. Das würde zu kurz reichen, diesem kultigen Vehikel nicht ganz gerecht werden... Erzählt wird von einem Mann, der in der Zukunft (Film ist von 1987, soll wohl in 2017 spielen) seine Freundin/seinen Sexroboter etwas zu nass macht. Nicht so wie ihr jetzt denkt - aber schon so ähnlich. Kurzschluss. Zack. Bumm. Peng. Aus die Maus. Und nun macht sich der hoffnungslos in die strunzdumme Blechbox verknallte Herr auf die Reise durch die futuristische bis postapokalyptische Einöde dieser Welt in Richtung der letzten Produktionsstätte seines Models - und trifft dabei auf eine Begleiterin und Führerin aus Fleisch und Blut, die ihn inmitten dieses bleihaltigen Abenteuers vielleicht doch noch von „klassischen“ Frauen überzeugen könnte...
Schon der kurze Anriss der Handlung zeigt: „Cherry 2000“ hat weder allzu viel Klasse noch eine überraschende Geschichte. Letztere kann man sich sogar bis in kleine Details sehr früh ausmalen. Außerdem muss man in den erstaunlich episodischen Aufbau erstmal reinkommen, unser Held/Protagonist könnte kaum blasser sein (ein echter Vanille-Typ, ein weißes Blatt und Nichtskönner) und die vielen unfreiwillig komischen Szenen, von den dauernd daneben schiessenden Bad Guys bis zu hohlsten, unpassendsten Dialogen, lassen am Verstand dieser Orion-Spätproduktion bzw. ihrer Macher zweifeln. Und vom Geschmack was etwa Mode oder Balance was die Genremixtur angeht, will ich gar nicht erst anfangen. Und dennoch kann und will ich „Cherry 2000“ sein Potenzial und einen gewissen Unterhaltungswert nicht absprechen. Das geht von einer badassigen Frau Griffith mit „Fifth Element“-Vorbild-Frisur über den klasse Score von Basil Poledouris (Robocop, Conan) bis zu wildesten Actionszenen, witzigen Onelinern, abstrusen Städte- und Hotelnamen („The Glory Hole“) und allgemein seiner Aussage, dass Roboter und Technik nie Fleisch, Herz und reizende Frauen ablösen werden. Deshalb: mit größeren Abzügen gerade noch so im mild-grünen Bereich. Wenn auch eher aus nicht beabsichtigten und geplanten Gründen. Lange Zeit war ein Remake mit Dakota Johnson, immerhin Griffiths Tochter, angedacht - aus etlichen Gründen: bitte, bitte nicht!
Fazit: bizarrer Mix aus Miller und Verhoeven, aus Trash und Avantgarde, aus Endzeit und (schlechtem) Modehaus, aus 80er und Futuristik, aus Schrott und Recycling, aus Action und (oft auch unfreiwilligem) Humor, aus „Road Warrior“ und RoboWife - „Cherry 2000“ darf man sich ruhig mal geben mit den richtigen Erwartungen, paar Kumpels und paar mehr Bier. Konnte Orion nicht retten - hat das Studio aber bereichert und war sehr exemplarisch dafür.