Review

Seit ein paar Tagen steht Ajas Remake zu "Maniac" in den Videothekenregalen und es war mal wieder an der Zeit, vorher das Original zu schauen, das ich bis jetzt noch nicht kannte. Sozusagen konnte ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Ich habe ja vor, bis zu meinem Lebensende noch alle 131er zu sichten und zu reviewen und da kommt mir William Lustig´s Film gerade richtig. Zum anderen kann ich für das Remake gute Vergleiche ziehen, falls es nötig sein sollte.

In "Maniac" haben wir es also mit dem geisteskranken Frank Zito (Joe Spinell) zu tun, der von der Gesellschaft abgeschottet in seiner Messie-Wohnung lebt und Selbstgespräche mit seinen Schaufensterpuppen führt. Sobald es dunkel wird, schleicht Frank sich raus und ermordet Leute. Nicht weil ihn das befriedigt, sondern weil er es von seiner Psyche aus machen muss. Eines Tages lernt er die Fotografin Anna (Caroline Munro) kennen. Ob sie ihn heilen kann?



Soweit ich weiß, ist "Maniac" der erste Film, der in Deutschland beschlagnahmt wurde und schon damals konnte man den Gerichten, die diese Urteile fällten, einen gesunden Menschenverstand absprechen (heute heißt das "Befangenheit" und wird vorzugsweise bei Sittenstrolchen und sonstigem Abschaum als Hinhaltetaktik benutzt), denn man unterstellte "Maniac" Gewaltverherrlichung.  Dabei ist dieser Streifen mehr als nur ein (zu damaligen Zeiten) grafisch äußerst harter Slasher, sondern ein Bildnis (heute heißt das Machbarkeitsstudie) eines zutiefst traumatisierten Mannes, dessen Psychose es unmöglich macht, eine normale Bindung zur Außenwelt aufzubauen.

So wird man als Zuschauer ins kalte Wasser geworfen: Wir haben keinerlei Identifikationsfigur, denn es wird lediglich abwechselnd gezeigt, wie Frank mordet und danach nach hause fährt und zu seinen Puppen spricht, bzw. auch teilweise Selbstgespräche führt. Hier könnte ich das 1980er Gremium noch verstehen, dem Film Gewaltverherrlichung vorzuwerfen, da kein richtiger Erzählfaden vorhanden zu sein scheint - zumindest auf den ersten Blick.
 Das Geschehen wirkt beängstigend, kalt und verstörend auf den Zuschauer. Ab der fünfzigsten Minute driftet der Film jedoch in eine andere Richtung, zeigt, dass Frank auch noch unter Schizophrenie (heute heißt das: Soziale Netzwerke) leidet und ganz ehrlich: Ich war erstaunt über diese Wende. Es ist schon überraschend, wie William Lustig dem Charakter so viele Facetten gibt, dass man im einen Moment angewidert ist und im anderen Moment sogar Mitleid mit dem Monster hat. Man merkt, dass Joe Spinell diese Rolle "lebt"  (Stichwort: Würgen), so authentisch kommen manche Szenen rüber.  

Natürlich war im Jahr 1980 dieser Film ein übergroßer Kracher, der aufgrund drastischer Darstellungen Publikum in die Kinosäle zog und Pussy-Kritikern gefundenes Fressen vor die Latz geknallt hat. Heute werden die Gore-Szenen keinen mehr vom Hocker reißen, wir (Zuschauer, Richter etc.) streiten eher über "A Serbian Film" und "Human Centipede II" - Filme, die zu dieser Zeit nicht im Geringsten vorstellbar waren und uns heute an die Grenzen locken. Wer weiß, wie es in zwanzig Jahren aussehen wird? Werden wir dann über "Den Serben" lachen und neue Grenzen ausloten? Oder ist es die Grenze schon erreicht ? Ich denke nicht.

Ich versuche aufgrund des Alters dem Klassiker "Maniac" in der Bewertung gerecht zu werden, denn auch wenn viele Klassiker neue Gesetze schrieben oder richtungsweisend für das ein oder andere Genre waren, heißt das noch lange nicht, dass die Durchschlagskraft von anno Honecker auch heute noch wirkt. Bei "Maniac" bin ich da geteilter Meinung. Richtig überzeugt hat der Film mich nicht, es gibt zwar auch richtig fette Spannungspassagen, aber in meinem Innerlichen reagierte eher die Langeweile. Im Nachhinein muss ich aber auch zugeben, dass Lustig´s Klassiker mich zum Nachdenken angeregt hat und eben doch noch seine verstörende Botschaft bei mir angekommen ist.

Alleine über die Entstehungsgeschichte und den Verlauf, wie mit diesem Film umgegangen worden ist, könnte man Bücher füllen und ihm klar 10/10 Punkten geben. Leider wirkt der Film heute sehr angestaubt und ist höchstens Fans zu empfehlen, die sich mit dem gesellschaftlichen Wandel oder der Filmhistorie auseinandersetzen.

6/10

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