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Eine Mexikanerin landet mit ihrem Freund und einem Kilo feinstem Koks in Wien, wo sie das Zeug verkaufen wollen, ihr Ansprechpartner sitzt aber zur Zeit gerade unerwartet im Knast. Die Atmosphäre ist angespannt, der Freund driftet langsam etwas in seine Sucht ab, das Pärchen streitet sich eines Nachts auf der Heimfahrt im Taxi, der Freund holt kurz Geld am Automaten und das Mädel sagt spontan zum Taxler: "Gib Gas!" Sie hat kein Geld für eine Übernachtung im Hotel, er lässt sie daher bei sich wohnen, sie freunden sich an und während er arbeitet oder schläft, versucht sie derweil das Koks loszuwerden...

Der Film ist im Kern eine garantiert nicht neue Kleinkriminellengeschichte und kommt auch nicht ohne das eine oder andere Klischee aus, findet aber stets einen eigenständigen Weg in seiner Erzählweise. Die Stimmung ist, man möchte fast sagen, typisch österreichisch, durchgehend sehr gelassen und gewitzt, richtige Lacher oder obligatorische "Wiener Schmäh"-Sprüche werden nur selten eingestreut, was dem Film, der ansonsten eher von einem melancholischen Grundton - unterstützt durch schön atmosphärische Elektroniksounds auf der Tonspur - durchzogen ist, auch gut tut.

Der Taxifahrer und Antiheld Harry ist ein ungemein lässiger Charakter, leicht depressiv, weil geschieden (mit Sohn), clever, nobel gegenüber der Mexikanerin und hat stets den einen oder anderen trockenen Spruch auf den Lippen ("Liebst du das Meer?" - "Lieben? Najo, i finds ganz in Ordnung.").

Der hier noch sehr junge Simon Schwarz (den man u.a. aus den "Brenner" Filmen kennt) als Koksdealpartner ist eine echte Witzfigur, was man positiv oder negativ auffassen kann. Da er nicht zuviele Auftritte hat, sind die Szenen mit ihm auch recht lustig und nerven jedenfalls nicht, wie es bei einer größeren Rolle (etwa als klischeehafter Bösewicht) die Gefahr gewesen wäre.

Einzig die Szenen mit dem Junkiefreund von Mercedes wirken streckenweise etwas blöd, gegen Ende sorgt aber selbst die schwächste Filmfigur noch für einige eindringliche Momente, die stellvertretend dafür angesehen werden können, dass Spielmann mehr im Sinne hatte als bloß eine leichte, oberflächliche Drogenfarce zu drehen und sehr subtil auch immer wieder nachdenkliche Motive in seinen Film einwebt.

Mit "Die Fremde" (der Titel lässt sich sowohl auf Mercedes als auch auf die Fremde an sich lesen) ist dem für sein jüngstes Werk "Revanche" oscarnominierten Götz Spielmann ein entspannter Film mit ganz eigenem Charakter gelungen, eine sehr geschmeidige Mischung aus lakonischem Krimi, etwas Gangsterkomödie, zarter Lovestory und Charakterstudie; Humor, Spannung, Gefühl und ernsthafte, düstere Momente sowie Melancholie und Lebensfreude, vor allem aber zwei für eine vermeintlich bekannte Story glaubwürdig wirkende und vielschichtige Charaktere fügen sich in einer sehr gelungenen Symbiose zu einem unterhaltsamen und subtil poetischen Film zusammen, der grundsätzlich eher als "leicht" einzustufen ist, sich aber im bereits ordentlich abgegrasten Subgenre des "Halbweltfilms" durchaus herausheben lässt und den ich hiermit als kleine, aber feine Perle empfehlen möchte.

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