L.A., 31. Dezember 1999. Auf den Straßen herrscht der alltägliche Bürgerkrieg. Auch Lenny Nero gehört zu den gejagten Schattengestalten. Er dealt mit illegaler Ware: den Clips! Sie sind die visuellen High-Tech-Drogen des ausgehenden Jahrtausends. Man kann damit Erlebnisse anderer Menschen lebensecht nachempfinden und der Schwarzmarkt verlangt ständig nach neuer Sex- & Crimeware. Als plötzlich eine Reihe bestialischer Morde geschieht, steht Lenny im Kreuzfeuer und gerät unter dringenden Tatverdacht. Die Schlinge um seinen Hals zieht sich immer fester zusammen - der Countdown läuft, denn noch in dieser Nacht soll über das Schicksal der Stadt entschieden werden.
Durchaus erstaunlich was James Cameron (Drehbuch) und sein damaliges Eheweib Kathryn Bigelow (Regie) aus einer kleinen aber feinen Grundidee fabriziert haben. Auch wenn Strange Days an der Kinokasse souveränen Schiffbruch erlitt, verbirgt sich hinter der Geschichte ein feinsinniger und mehrbödiger Science Fiction Thriller. Als Kulisse dient der Jahrtausendwechsel (also gerade mal 5 Jahre in der Zukunft), Gewalt, Anarchie und brennende Autos beherrschen die Straßen und spätestens als eine Nachrichtensprecherin wörtlich verkündigte, das Gaddafi den Friedensnobelpreis bekommt, die Türkei Reparationen an Armenien zahlt und demnächst mit einer zweiten weiblichen Präsidentin zu rechnen sei, hab ich mich original vor Lachen gekugelt.
Wir verfolgen das Schicksal des Ex-Cops Lenny, Typ netter Loser von nebenan der sich und seiner Umgebung eher auf den Keks geht, der inzwischen Total-Recall-like mit Erinnerungen handelt, die man sich via Disk und Headset ins eigene Hirn transportieren kann und so Bilder und Emotionen miterlebt, selbstredend das Pornos und Snuff Movies der Renner der Szene sind, einfach Platine auf den Kopp legen und Plug and Play starten (nur ohne plug eben). Interessant wirds aber ab dann, als ein gurumäßiger Rapstar ermordet wird und gleichzeitig ein Psychopath Lenny Clips schickt auf denen er eine Freundin umbringt. So sieht er sich zusammen mit seiner Freundin Mace, Typ schwarze Kampfamazone, von den Cops verfolgt und auf der Jagd nach dem Psycho wieder.
Was zu Beginn wie ein abstruses Storydschungel anmutet, entwickelt sich zu einem spannenden Katz und Maus Spiel zwischen mehreren Parteien, das trotz seiner knapp 140 Minuten Laufzeit nie zu lang erscheint. Wer aufmerksam das Geschehen verfolgt bekommt sogar beinahe unmerkliche Hinweise auf die Identität des unbekannten Cyber-Killers, da hat der gute James Cameron wirklich ein sehr gutes Script verfaßt. Die Darsteller lassen sich auch nicht lumpen und legen eine tolle Leistung aufs Parkett, insgesamt eine wirklich runde Sache. Selbst die Tatsache das der Jahrtausendwechsel mittlerweile Geschichte ist, kann den Sehspaß nicht trüben. Sehr guter Thrillerstoff.
8/10