Düsterer Millenniumsthriller, mit dem Kathryn Bigelow geschickt Ängste vor der damals (1995) nahenden Jahrtausendwende thematisiert.
Es ist der 30. Dezember 1999 und das Millennium ist weniger als 2 Tage entfernt. In L.A. regiert das Chaos: Untergangspropheten verkünden das baldige Ende der Welt, aber das ist angesichts von andauernden Unruhen, denen auch die schwer bewaffnete Polizei kaum beikommt, ein kleines Problem. In diesem Hexenkessel geht der ehemalige Polizist Lenny Nero (Ralph Fiennes), aus dem Sittendezernat gefeuert, seinem neuen Job nach: Dealer für Clips. „Strange Days“ erschafft eine düstere Stimmung, auch wenn die Jahrtausendwende inzwischen vorbei ist und die kleinen Science-Fiction-Elemente auch heute noch Fiktion sind.
Die Squid-Clips, welche Lenny vertickt, werden in einer kleinen Box aufgezeichnet bzw. abgespielt und mit Hilfe eines seltsamen Kopfschmuckes im Kopf des Trägers aufgenommen bzw. abgespielt. Durch diese Clips lässt sich das Leben anderer Leute teilweise miterleben, wobei Sex und Gewalt sich hoher Beliebtheit erfreuen. Lenny, der auch durch Prostituierte usw. selbst Clips aufzeichnen lässt, benutzt die Clips vor allem dazu, um Erinnerungen an seine glückliche Zeit mit seiner damaligen Freundin Faith Justin (Juliette Lewis) wieder aufleben zu lassen. Die Idee der Squid-Clips ist ziemlich gut und wird auch teilweise sehr aufwendig wiedergegeben, z.B. direkt am Anfang als Lenny den Clip eines Raubüberfalles schaut.
Doch Faith lebt inzwischen mit einem Musikproduzenten zusammen, woran Lenny verzweifelt, was seine Freunde Max Peltier (Tom Sizemore) und Loretta ’Mace’ Mason (Angela Bassett) nur schwer mitansehen können. Doch während die Jahrtausendwende näherrückt, wird Lenny unverhofft in eine Intrige unbestimmten Ausmaßes hineingezogen...
„Strange Days“ ist ein intelligenter und originell bebilderter Science-Fiction-Thriller mit einem recht interessanten Szenario. Die Handlung baut ein solides Maß an Spannung auf, auch wenn er das bis zum Ende nicht durchhalten kann. Das Tempo nimmt erst im Verlauf des Films zu, was der Atmosphäre aber nicht schadet. Zudem bieten ein, zwei wirklich kleine Actionszenen Auflockerung im Thrillerplot.
Sehr schick auch die Sub-Ebenen auf denen der Film funktioniert. Zum einen die seltsame Art Lovestory zwischen Lenny und Mace, wobei Lenny immer noch den Erinnerungen an Faith nachhängt und dabei vollkommen übersieht was für ein Miststück sie ist. Zudem werden die Geschlechterrollen von Mace und Lenny teilweise auf den Kopf gestellt: Lenny versucht immer wieder Kämpfen aus dem Weg zu gehen, wirkt schwächlich und macht sich Sorgen um sein Outfit, während Mace kämpft, Verfolgungsjagden fährt und toughe Kommentare abgibt.
Leider ist Bigelows Film nicht ganz fehlerfrei. Vor allem zum Ende hin lässt der Film nach, denn die Auflösung kommt zwar halbwegs überraschend, ist dann auch etwas banal. Zudem hätte man den Film hier um einiges kürzer fassen können; vor allem als die Lösung raus ist, hätte man einige Szenen zusammenstreichen können. Denn in der Endphase überdeckt der Film ein paar seiner kleinen Längen nicht mehr durch kleinere Actionszenen oder sarkastische Kommentare von Max' Seite.
Die Schauspieler sind allesamt top, wobei Ralph Fiennes als gebrochener Guter, Angela Bassett als Powerfrau und Juliette Lewis als White Trash Schlampe überzeugen. Besonders gut ist allerdings Tom Sizemore als sarkastischer Lebenskünstler, dessen Performance weitaus besser ist als die Wahl seiner Frisur. Vincent D'Onofrio und William Fichtner als diabolisch-rasende Cops sind aber auch nicht von schlechten Eltern.
Unterhaltsamer Science-Fiction-Thriller, der auch visuell überzeugt, zum Ende hin aber nachlässt. 7,5 Sterne von meiner Seite.