Ohne vorher etwas von dem Film gehört zu haben oder in ungefähr zu wissen, worum es überhaupt geht, schaute ich mir gestern den Horror-Thriller "Shuttle" an.
Ein kurzer, prägnanter und einprägsamer Titel - ähnlich wie "Hostel", "Train" oder "SAW" - und ohne weiteren Hinweis auf das, was sich hinter diesem Titel verbergen könnte.
Das DVD-Cover versprach ein "Musterbeispiel in Sachen Geisel-Horror...und clevere Plot-Twists...voller Spannung, Action und stetig wachsendem Horror."
Entsprechend hoch war die Erwartungshaltung an dieser DVD-Premiere.
Und die erhielt gleich zu Beginn einen deutlichen Dämpfer, denn während vergleichbare Werke den Zuschauer mit einem kurzen, aber umso heftigeren Prolog auf das einstimmen, was im weiteren Handlungsverlauf folgen wird, setzt sich "Shuttle" genauso unspektakulär und ruhig in Gang wie der Rest der ersten Hälfte.
Die Einleitung der Hauptpersonen ist ebenso belanglos wie die Dialoge, die die - zugegeben - recht überzeugenden Darsteller über die Lippen bringen müssen.
Zwar kommt "Shuttle" recht schnell zur Sache und konfrontiert die Zuschauer mit einer Reihe mysteriöser Ereignisse, doch um mit den angeblich cleveren Wendungen das Publikum überzeugen zu können, bedarf es entweder mehr Einfallsreichtum oder Zuschauer, die im Thriller-Genre relativ jungfräulich und von den Wendungen tatsächlich so überrascht sind, als hätte Autor und Regisseur Edward Anderson soeben das Genre neu erfunden.
Fans des Genre machen bereits in den ersten Minuten aus, wie der Hase in "Shuttle" läuft und ahnen die Entwicklungen der Handlung meilenweit voraus.
Und so bewegt sich "Shuttle" in der ersten Hälfte im Schritttempo vorwärts und kann kaum überzeugen. Die Ausgangssituation entwickelt sich zu einem kammerspielartigen Thriller, der sich fast ausschließlich auf das Geschehen im Shuttle-Bus konzentriert und sehr schnell erste Längen aufweist.
Die Inszenierung ist minimalistisch: der Einsatz von Musik ist äußerst sparsam, ebenso die Effekte. Eine bedrohliche Stimmung will sich zunächst kaum entwickeln, die Schauspieler geben allerdings ihr bestes um das Martyrium glaubhaft darzustellen.
Das Motiv des Täters bleibt zunächst unklar, es ist anfangs nicht nachvollziehbar, ob es sich hier um eine gewöhnliche Entführung der Reisenden, einen gewöhnlichen Raub oder doch "nur" um die Befriedigung der sadistischen Triebe eines kranken Psychopathen handelt.
Solange Regisseur Anderson nicht voreilig zu viel offenbart kann "Shuttle" zumindest in dieser Hinsicht mit einem minimal steigenden Spannungsaufbau punkten, der jedoch dann wieder einbricht, sobald er einen Hinweis zu viel gelegt hat.
Mit einer Laufzeit von 102 Minuten ist "Shuttle" allerdings eindeutig zu lang. Die Story gibt einfach nicht so viel her um Längen vermeiden zu können. Sehr schnell ist die fünfköpfige Reisegruppe bis auf die zwei Mädchen dezimiert, die sich in der zweiten Hälfte einen nicht enden wollenden Kampf ums Überleben liefern. Der sorgt zwar für einige dramatische Spannungsmomente und für ein rasanteres Tempo, doch auch hier sind die Entwicklungen vorausschaubar.
Irgendwann ist es auch einfach langweilig zu sehen, wie sich die beiden Mädchen befreien, um dann doch immer wieder durch ihre unsinnigen Handlungsweisen eingefangen zu werden. Überraschend ist lediglich die Tatsache, dass es sich hier nicht - wie vermutet - um einen Terror- und Torture-Thriller handelt und auch dass die Motive des Täters eine ganz andere Dimension haben, als zunächst angenommen.
Eine action- und temporeichere zweite Hälfte entschädigt für die unspektakuläre Inszenierung der ersten 60 Minuten, obwohl die finale Auflösung die meisten Zuschauer nicht vom Hocker reißen wird und viele Unglaubwürdigkeiten den Gesamteindruck trüben.
Dennoch schafft es "Shuttle" sich über ein gesundes Mittelmaß zu hieven, ist und bleibt aber ein Streifen, den man sich einmal anschauen und dann ruhigen Gewissens zum Weiterverkauf anbieten kann.
6/10