Review

Paris 1917: Durch den Krieg voneinander getrennt, verabreden sich die beiden Freunde Jacques und Julien
(Matthieu Carriere und Roger Van Hool) auf einem alten Landgut von Jacques Familie. Beide waren Musiker, aber beim Ausbruch des ersten Weltkriegs trennten sich ihre Wege: Jacques meldet sich freiwllig zur Luftwaffe, während Julien sich weiter als Musiker für Stummfilkinos, gelangweilte Bildungsbürger und Musikredakteur durchschlägt. Zudem ist er Luxemburger und da sein Heimatland im 1. Weltkrieg neutral geblieben ist, bleibt er es auch.
Während Julien auf die Ankunft von Jacques in dessen Landhaus wartet, nur umgeben von der geheimnisvollen Köchin Elle (Anna Karina), erinnert er sich an die gemeinsame Freundschaft, an Jacques Freundin Odile (Bulle Ogier), an schöne Zeiten und weniger schöne...

Ich habe bislang vier Filme des belgischen Surrealisten Andre Delvaux gesehen (er war Allroundkünstler), am meisten beeindruckt haben mich "Ein Abend, ein Zug" (1969) und "Der Mann, der sich die Haare kurz schneiden ließ" (1965). "Rendezvous in Bray" dagegen ließ mich etwas ratlos zurück: die Ausgangslage des Films ist sicher
reizvoll und die Atmosphäre entrückt und stimmig, ebenso sind die Schauspieler, v.a. Carriere und Van Hool, wirklich gut, aber dem Film fehlt meiner Meinung nach ein dramatisches Gerüst, was so etwas wie Spannung aufkommen lassen könnte. Ob Julien nun auch in Odile verliebt ist, erahnt man kaum, auch die Differenzen zwischen Julien und Jacques sind so konstruiert, als das sie nicht wirklich als Kontrast oder Konfliktpotenzial erscheinen.

Klar, Julien gilt wegen seines deutsch klingenden Namens (Eschenbach, ausgerechnet.. wie Dirk Bogarde in
Viscontis "Der Tod in Venedig"!) und seines merkwürdigen luxemburgischen Akzents als halber Deutscher, also
als Feind, aber selbst das spürt man nicht, er erzählt es einfach nur ganz beiläufig, wie ihm Skepsis entgegenschlägt.

Lediglich als ihm Jacques vorwirft, sich zu verkaufen, weil er das unseriöse Medium Film mit seiner Arbeit als Pianist im Kino unterstützt, blitzt eine Art Konflikt auf.

Delvaux hat in seinen Filmen ein großartiges Händchen dafür, realistische Situatione entfremdet darzustellen, sie auf eine fantastische und unerklärliche Ebene zu stellen, aber hier klappt dies nicht wirklich gut, zu statisch sind die Figuren, zu irrelevant sind die Figuren und v.a. die weiblichen Figuren sind lediglich
schmückendes Beiwerk, die nicht wirklich zum Film beitragen. Und ob es am Ende die Verabredung wirklich gab, ist letztendlich auch egal, weil einem die Protagonisten auch egal sind.

Schade. Dank solider Ausstattung, Schauspieler und Kamera noch knapp 4 von 10.

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